- #Wasser
- #Wassermanagement
- #Regen
- #Fallrohre
- #Dachwasser
- #Wassersammler
- #Bewässerung
- #Regendiebe
- #Baudenkmalpflege
Dachflächenwassernutzung
Dachflächenwassernutzung durch Einbau von Regendieben an Fallrohren
Ziel der Maßnahme
Standortverbesserung, Gehölzbewässerung, Auffüllen des Bodenwasserreservoirs
Einleitung
Folge ausbleibender Niederschläge - insbesondere im Sommer - ist das Austrocknen des Bodens. Je nach Dauer der Dürreperiode fällt nicht nur der Oberboden trocken, sondern über längere Zeiträume auch Bodenschichten bis 1,8 m Tiefe. Solch tiefgehende Bodentrockenheit macht auch den Baumbeständen im Schlosspark Bad Homburg zu schaffen. Diese Dürreperioden treten infolge des Klimawandels immer häufiger auf. Um das Wasserreservoir des Bodens nach Dürreperioden möglichst schnell wieder aufzufüllen und die Gehölze zu bewässern, wurden in Bad Homburg am Schloss „Regendiebe“ an gartenseitigen Fallrohren eingebaut. Niederschlagswasser der Dachentwässerung kann damit dem Boden schlossnaher Gehölzbestände zugeführt werden.
Maßnahmenbeschreibung
Eingebaut wurden die Regendiebe aus Zink an vier Stellen im Bestand der Zinkfallrohre mit zwei verschiedenen Systemen: zwei mit fester Zuleitung durch einen bereits im Erdboden verlegten Schlauch sowie zwei, an die bei Ankündigung von Regenereignissen temporäre Schläuche angeschlossen werden. Damit wird bei Niederschlag ca. die Hälfte der Dachfläche des Englischen Flügels und des Bibliothekflügels (um 450 m²) nicht der Kanalisation zugeführt, sondern direkt in die Vegetationsbestände entwässert. Das Wasser wird an den Auslassstellen der Schläuche flächig entlang des Gefälles in die Bereiche geführt, sodass die Kraut-, Strauch- und Baumschicht profitieren. Primär ist die Vorrichtung für das Wässern der Gehölze angedacht. Die Positionen der Schläuche kann nach Bedarf im Bestand verändert werden. Die Wassersammler besitzen einen Fangkorb, in dem mitgeführte Schwemmstoffe (z. B. Früchte von Ahorn) gesammelt werden.
Direkte Effekte
Durch die Maßnahme werden bei Niederschlag Gehölze zusätzlich bewässert. Außerdem wird das Wasserreservoir des Bodens bis in tiefere Schichten aufgefüllt.
Indirekte Effekte
Wasser wird nicht der Kanalisation, sondern unmittelbar den Vegetationsbeständen zugeführt, indem es vor Ort versickert. Kommunale Abflussgebühren können dadurch reduziert werden. Dies sind für alle versiegelten Flächen und Dachwasserflächen im Fall des Schlosses Bad Homburg rund 16.000 € pro Jahr (Stand 2022). Zudem unterstützt die Maßnahme die Grundwasserneubildung vor Ort.
Eignung / Wertung / Probleme
Notwendig wird eine regelmäßige Säuberung der Fangkörbe der Regendiebe, um ein Verstopfen des Fallrohrs und ein Überlaufen des Wassers zu verhindern. Der zusätzliche Pflegeaufwand muss personell gewährleistet werden. Die aktuell zu erwerbenden Produkte sind nur eingeschränkt denkmalgerecht. Notwendig ist ggf. die Sonderanfertigung von Regensammlern in Anpassung an die historischen Fallrohre. Je nach Material der Dacheindeckung ist die Nutzung des Niederschlagswassers eingeschränkt bzw. nicht möglich (z. B. bei Kupfer). Zusätzlich sind die gesetzlichen Regelungen der Länder zur Nutzung von Niederschlagswasser zu berücksichtigen.
Erfolg
Guter Erfolg
Monitoring und Dokumentation
Dokumentation über Beobachtungen und Fotodokumentation durch das gärtnerische Personal stehen noch aus.
Analyse
Eine Fortführung mit Modifikationen (denkmalgerechte Gestaltung der Regensammler) sowie Erprobung flächendeckender Entwässerungsmöglichkeiten (z. B. über Tropfschläuche) sind in Planung.
Eine Untersuchung der Ionenkonzentration und des Austrags von Schwermetallen bleibt zu prüfen.
Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen
Die Mengen des Jahresniederschlags der letzten 30 Jahre in Bad Homburg v.d. Höhe liegen zwischen 619 mm (Minimum) und 992 mm (Maximum). Der Mittelwert des Jahresniederschlags der letzten 30 Jahre beträgt 820 mm. (Quelle: Deutscher Wetterdienst, abgerufen auf dem Klimaportal, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie)
Das höchste resp. niedrigste jährliche Gebietsmittel der Lufttemperatur in Bad Nauheim der letzten 30 Jahre liegen bei 8,18 °C resp. 11,88 °C. Die durchschnittliche Lufttemperatur der letzten 30 Jahre beträgt 10,4 °C.
Für Bad Homburg liegen keine Daten des Deutschen Wetterdienstes vor. Aufgrund der Lage von Bad Homburg v.d. Höhe am Fuße des Taunus entsprechen die lokalklimatischen Verhältnisse den klimatischen Gegebenheiten in Bad Nauheim. (Quelle: Deutscher Wetterdienst)
BodenViewer Hessen: keine Daten vorhanden (Strukturraum: Vordertaunus)
GeologieViewer Hessen: Löss, oberflächlich verlehmt u. entkalkt;
Kies, Sand und Lehm; teils Grünschiefer
Autoren
Philipp Ludwig, Fachgebiet Gärten und Gartendenkmalpflege, Staatliche Schlösser und Gärten Hessen
Dr. Inken Formann, Fachgebiet Gärten und Gartendenkmalpflege, Staatliche Schlösser und Gärten Hessen
Investitionskosten
gering: Regensammler aus Metall unter 100,- EUR, Schläuche je nach Beschaffenheit und Länge (z. B. …)
Laufende Betriebskosten
Wartungsaufwand gering
Kooperationspartner:innen
keine
Fördermittelgeber
keine
Projektlaufzeit
Seit 03/2022
Ähnliche Projekte innerhalb der AGDS
Regenwassernutzung in historischen Parkanlagen - Auffangen von Regenwasser zur Nutzung als Gießwasser, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen
Einschätzung aus der Wissenschaft
Dr. Friederike Well, TU München:
Anmerkung, dass bei dieser Maßnahme den Vegetationsflächen nur während Regenereignissen Wasser zugeführt wird (keine Speicherung für Trockenzeiten)
Allgemeine Anmerkungen zur Nutzung von Dachwasser: Kupferdächer können problematisch sein (Auswaschung), Zinkdächer ebenfalls, aber:
Ablaufendes Wasser beproben: Wie hoch ist Belastung wirklich?
Falls oberhalb von Grenzwerten: inzwischen Filterung vor Ort möglich
Sinnvoll dann auch: „First flush“ (am stärksten belastet) in die Kanalisation leiten, anschließend Dachwasser für Bewässerung nutzen
Dringende Empfehlung, neben der Regenwassernutzung (Dachablaufflächen etc.) auch die Nutzung von Grauwasser (leicht verschmutztes Brauchwasser, z. B. Abläufe aus Handwaschbecken etc.) in den Blick zu nehmen, wie es in Kommunen bereits geschieht. Bei jeder Baumaßnahme im Bereich von Schlössern etc. neben Möglichkeiten der Regenwasserspeicherung auch Anschlussmöglichkeiten an Grauwasser prüfen und umsetzen. Grauwasser kann vor Ort gefiltert/geklärt werden, z. B. in kleinflächigen Pflanzenkläranlagen/bepflanzten Bodenfiltern (wenige Quadratmeter klären 3-5m³/Tag), und dann direkt zur Flächenbewässerung genutzt werden. Bestehen Bedenken hinsichtlich pot. Bakterienlast (z.B. bei Wasser aus Handwaschbecken), die ins Grundwasser gelangen könnte, sind folgende Maßnahmen möglich:
Desinfektion durch UV-Licht oder
Nutzung des Wassers zur Bewässerung von Kübelpflanzen in Orangerien oder
Gewächshäusern, da dabei überschüssiges Wasser nicht ins Grundwasser sickert, sondern in die Kanalisation abläuft
Erhebungen von Bedarf und Ressourcen:
Messen/zählen, wo welche Wasserbedarfe bestehen (wieviel Wasser benötigt bei Optimalversorgung und bei reinem Erhalt, wo kann noch Verbrauch reduziert werden) und kartieren, wo welches Wasser vorhanden/verfügbar/nutzbar ist (Quantität und Qualität), z.B. Dachwasser, Grauwasser, auch nahe gelegene Klärwerke etc. Bei steigender Wasserknappheit werden Fragen aus der Gesellschaft kommen: Wieviel Wasser brauchen Sie? – Die Schlösserverwaltungen sollten darauf vorbereitet sein und ihren Bedarf akkurat belegen können.
Tiefbrunnen/Grundwasserbrunnen keine gute Alternative: Wenn in großer Zahl und immer mehr, nicht
berechenbar, was man in diesen Tiefen im Wasserregime wirklich „anrichtet“, Folgen schwer abschätzbar.
Download
Weiterführende Literatur
Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e. V. (FLL) (Hrsg.), Empfehlungen zur Versickerung und Wasserrückhaltung, Bonn, 2005
Zuständige Schlösserverwaltung
Staatliche Schlösser und Gärten Hessen
Kontakt
Philipp Ludwig, Fachgebiet Gärten und Gartendenkmalpflege, Staatliche Schlösser und Gärten Hessen, Mail: Garten@schloesser.hesssen.de