Förderung der natürlichen Verjüngung

Kultivierungsmaßnahme / - Strategie zum Wiederaufbau von Gehölzstrukturen insbesondere Rotbuche

Ziel der Maßnahme

Erhalt und Wiederaufbau von Gehölzbeständen und Parkstrukturen.

Einleitung

Eigentlich seit Beginn des 21. Jahrhunderts kommt es im Muskauer Bergpark, zunächst an kleineren exponierten Stellen zunehmend aber fast bestandsumfassend an den höher gelegen Bereichen dieses Parkteils zu Hitze und Trockenschäden an den Altbaumbeständen aus dem frühen 19. Jahrhundert. Punktuell sind auch jüngere Gehölze betroffen. Mit Hitze und -Trockenschäden einhergehend sind massive Befälle holzschädigender Pilze (z.B. Zunderschwamm - Fomes fomentarius -, Brandkrustenpilz - Kretzschmaria deusta, Hallimasche - Armillaria, Austernseitlinge - Pleurotus ostreatus) und Insektenbefall (z.B. Buchenprachtkäfer -) zu beobachten. Daneben kommt es vermehrt zu (Teil-) Ausfällen bei Witterungsextremen wie Sturmschäden oder dem sog. Sommerbruch, der hier vor allem an Rotbuche, der Hauptbaumart des Muskauer Bergparks, vorkommt. Die Schadfaktoren treten gerade bei der Rotbuche häufiger in kaum noch zu bestimmenden Kombinationen auf, so dass mitunter auch von Buchenkomplexkranheit gesprochen wird.

Zu erwarten ist, dass mittel- bis langfristig der überwiegende Teil des Altbaumbestandes ausfallen wird.

Somit sind Strategien gefragt, die geeignet sind die Baumbestände großflächig zu regenerieren und dabei den Ressourcenaufwand überschaubar zu halten.

Gerade bei Ausfällen der Altbäume entstehen große Lücken im Bestand und das Erscheinungsbild der Parklandschaft ändert sich stark.

Maßnahmenbeschreibung

Die Strategie / Maßnahme baut auf traditionellen gärtnerischen Praktiken der Entwicklung von Gehölzbeständen im Landschaftspark sowie forstlichen Techniken der Naturverjüngung auf.

Trotz oder gerade wegen der ungünstigen Entwicklungen der Standortbedingungen bildet sich an vielen Standorten im Park ein dichter Jungaufwuchs insbesondere durch Rotbuchen.

Entstehende freie Flächen in hain- und waldartigen Bereichen, z. B. durch unumgängliche Fällungen oder Windbruch, werden nach der Räumung des Holzes die ersten Jahre frei belassen. Wie im Buchenwald bilden sich nach und nach immer größere Lücken im Altbaumbestand aus. Bei ausbleiben der sog. Mastjahre kann die Fläche u.U. einige Jahre relativ „leer“ erscheinen. Meist stellt sich jedoch bald die Naturverjüngung der Buchen ein und beginnt in wenigen Jahren zu dichten Beständen aufzuwachsen.
Die ersten Eingriffe erfolgen dann nach ca. sieben Jahren. Die bis dahin entstandene Vegetation wird ausgelichtet, es finden Läuterungsmaßnahmen statt. Unerwünschte Baumarten und zu dicht stehende Exemplare werden entnommen, um konkurrenzbedingte Fehlentwicklungen zu vermeiden. Die stärksten Pflanzen werden belassen. Die Arbeit des Auslichtens erfolgt überwiegend in Handarbeit. Durchgeführt wird sie durch Gärtner und Gärtnerinnen sowie durch Teilnehmende von Beschäftigungsprojekten.

Es gibt keine streng festgesetzten Pflegezyklen und die weiteren Auslichtungen erfolgen je nach Entwicklung und den personellen Möglichkeiten alle fünf bis zehn Jahre. Dabei werden auch schadhafte Gehölze entnommen.

An den Rändern und Wegen wird der Aufwuchs z.B. durch Ausbildung von Grenzen zwischen waldartigen Beständen und Wiesenräumen gesteuert, um die landschaftlich-gartendenkmalpflegerisch gewünschten Parkstrukturen zu erhalten.

Somit wird mit dem schon vorhandenen Bestand gearbeitet, statt neue Pflanzen zu kaufen um auf gärtnerisch genormte Weise zu pflanzen und zu pflegen. Gegossen werden die Naturverjüngungen nicht. Sie passen sich dadurch noch stärker den veränderten Standortbedingungen an.

Einzeln entnommene besonders ansehnliche Jungbäume werden zur Nachpflanzung ausgefallener Solitärbäume genutzt und dadurch wird immer mehr mit parkautochthonem standortangepasstem Pflanzenmaterial gearbeitet.

Subjektiv werden höhere Anwachsquoten und besseres Fortkommen, bzw. Verkürzung von Stagnationsphasen nach Pflanzung und ein etwas verringerter Pflegeaufwand für diese Einzelbäume gegenüber der gängigen Praxis der Pflanzung von größeren Solitären aus Handels-Baumschulen festgestellt.

Das Vorgehen wird sowohl im Schlosspark als auch im Bergpark praktiziert und stellenweise auch mit anderen Baumarten erprobt, zum Beispiel mit Berg-Ahorn.  

Direkte Effekte

Durch die Nutzung des Bestandes verringern sich die erforderlichen personellen Ressourcen und es entfallen Kosten für den Kauf von Gehölzen, Substraten und Pflanzzubehör. Außerdem sind Pflegeaufwand und Wasserbedarf geringer als bei Neupflanzungen und die Gehölze sind an den Standort angepasst.

Die schnelle Wiederherstellung des ursprünglichen Parkbildes wird gefördert.

Indirekte Effekte

Bodenschutz, Windschutz, Beschattung, Verdunstungsschutz, Wasserhalt

Mikroklimaförderung, Erhalt von Habitatstrukturen -> Lebensraum, Arten- und Naturschutz

Eignung / Wertung / Probleme

Durch die Nutzung von Naturverjüngungen wird direkt mit dem vorhandenen Bestand gearbeitet. Die Chancen für Anwuchs werden durch die Anpassung an den Standort erhöht und Neuanschaffungskosten eingespart. Außerdem ist der Pflegeaufwand geringer als bei klassischen Neupflanzungen und der Wasserverbrauch entfällt nahezu, Ressourcen werden geschont.

Was im forstlichen Bereich mitunter als nachteilig angesehen wird, nämlich die Beibehaltung der gentischen Informationen in der nächsten Baumgeneration, tritt hier in Form epigenetischer Effekte als Vorteil auf: Die junge Baumgenration ist durch die andauernde Mangelsituation der Altbäume genetisch auf veränderte Standortbedingungen konditioniert. Gerade bei den Buchen im Muskauer Bergpark treten dichte frohwüchsige und dabei genügsame Jungbestände hervor.

Gärtnerische Eingriffe sind zur Verhinderung unkontrollierten Ausbreitung und zur gestalterischen Entwicklung trotzdem notwendig. Der Aufwuchs ist sehr wuchsfreudig, was zum einen als Potential gesehen werden kann, aber auch als pflegerische Herausforderung.

Durch die Dimension des Parkes können nicht alle Flächen, an denen diese Maßnahme durchgeführt wird, gleichsam gepflegt werden. Zudem benötigen einige Bereiche intensivere Pflege als andere.

Die herausgebildeten reinen Buchenbestände sind meist Monokulturen, welche Schädlinge, wie zum Beispiel den Buchenprachtkäfer, begünstigen könnten.

Außerdem sind vereinzelt und nur bei einem sehr geringen Anteil an Wildwuchsflächen von jungen Buchen (20 Jahre) zum Teil Absterbeerscheinungen zu verzeichnen, die weiter beobachtet, bzw. deren Ursachen zu ergründen wären.

Die Maßnahme wird derzeit als sehr praktische, naturnahe und kostengünstige Methode gesehen, um ausfallenden historischen Baumbestand zu ersetzen, bei dem aus gartendenkmalpflegerischer Sicht nicht zwingend die exakten Baumstandorte eingehalten werden müssen. Vorteil ist, dass mit direkten genetischen Nachkommen gearbeitet wird, was der Idee des Originalerhalts in der Denkmalpflege sicher entgegenkommt.

Erfolg

Insgesamt wird diese Maßnahme sehr erfolgreich gesehen und fortgeführt.

Eine endgültige Bewertung ist jedoch noch nicht möglich, da es noch viele Jahre dauern wird, bis sich der Bestand tatsächlich voll entwickelt hat.

Monitoring und Dokumentation

Eine genaue (wissenschaftliche) Dokumentation findet über die üblichen Beschreibungen der Parkentwicklungen bisher nicht statt. Dies wäre aus wissenschaftlicher und gartenfachlicher Sicht sicher wünschenswert, ist aber im Rahmen der Möglichkeiten der örtlichen Parkverwaltung kaum leistbar. Praktisch wird dort eingegriffen, wo es aus gärtnerisch-landschaftspflegerischer Sicht notwendig erscheint.

Analyse

Wetterdaten für Bad Muskau (Quelle: www.wetterkontor.de, Stand: 15.01.2024):

Jahresmitteltemperatur (1995–2022): 9,5 Grad Celsius

Jahresmitteltemperatur (2022): 10,4 Grad Celsius

Jahresmitteltemperatur (2023): 10,7 Grad Celsius
Höchste Jahresmitteltemperatur (2019 ):  10,9 Grad Celsius
Niedrigste Jahresmitteltemperatur (1996): 7,3  Grad Celsius
Absolutes Temp.maxium (2023): 36,4 Grad Celsius

2023 lag die Jahresmitteltemperatur mit 10,7 Grad Celsius 1,2 Grad Celsius über dem langjährigen Monatsmittelwert.

Jahresniederschlag im Mittel (2023): 840,6 l/m²

Jahresniederschlag im Mittel (2022): 470,4 l/m²

Höchster Jahresniederschlag (2002): 901,1 l/m²
Niedrigster Jahresniederschlag (2018): 428,2 l/m²

 

Im Bergpark sind die Bodenverhältnisse durch die geologischen Besonderheiten des Muskauer Faltenbogens stark differenziert. Sie reichen von sehr sandigen bis hin zu sandig lehmigen Böden. Vor Jahrzehnten gab es hier besonders in niederschlagsreichen Jahren auch feuchte bis nasse Standorte.