Kultivierung von Naturverjüngung in Tonröhren

Verpflanzen von vor Ort geworbener Naturverjüngung in Tonröhren, um eine optimierte Entwicklung der Sämlinge bis zur Verpflanzung an den zukünftigen Standort zu gewährleisten

Ziel der Maßnahme

Mit diesem Verfahren soll das Bilden tief reichender Wurzelsysteme, wie sie natürlicherweise von Sämlingen entwickelt werden, trotz Verpflanzung ermöglicht, unterstützt und auf keinen Fall verhindert werden

Einleitung

In Zeiten des Klimawandels sind Bäume auf tief reichende Wurzelsysteme angewiesen, um auch in langen Trockenperioden eine ausreichende Wasserversorgung sicherzustellen. Solche Wurzelsysteme bilden Naturverjüngung (Bäume, die ungestört aus Samen heranwachsen) natürlicherweise aus. Verpflanzte Bäume haben diese Chance bedingt durch die gängige Vorgehensweise des Unterschneidens und Ballierens bisher nicht. Die Methode soll ermöglichen, Naturverjüngung zu verpflanzen, ohne diese tiefe Wurzelentwicklung zu hemmen.

Maßnahmenbeschreibung

Die nächstbeste Lösung zur Naturverjüngung – also Bäumen, die an Ort und Stelle gekeimt sind – sind sehr junge Pflanzen mit langem Wurzelballen und intakter Pfahlwurzel. Es werden deshalb z.B. Kastaniensämlinge mit der Wasserlanze im Bestand entnommen und in lange Tonröhren gesetzt. Diese einjährigen Sämlinge sind erst 20 cm hoch, weisen dann aber meist schon 50 cm Wurzelwerk auf. Diese Pfahlwurzeln sollen erhalten bleiben. Entweder stehen die Sämlinge zunächst ein Jahr in der Baumschule – dann auf zwei Tonröhren, insgesamt 1 m hoch – und werden anschließend an ihren endgültigen Standort verpflanzt, oder sie werden direkt an ihren endgültigen Standort gesetzt. In jedem Fall wird auf dem Boden der Pflanzgrube eine Tiefenbohrung angebracht und mit Tongranulat zur Belüftung befüllt. Dort hinein wird der Kastaniensämling gepflanzt. Der verbesserte Boden und auch ein großzügiger Gießring sollen dafür sorgen, dass das Wasser beim Gießen auch tatsächlich in die Tiefe kommt. Nur großzügige, wirklich durchdringende Wassergaben machen Sinn, oberflächliches Gießen wäre kontraproduktiv. Um eine tief reichende Wurzelbildung anzuregen, sind diese langen und durchdringenden Wassergaben essenziell.

Direkte Effekte

Etablierung von Nachpflanzungen, bestmögliche Wurzelentwicklung

Indirekte Effekte

Vermittlung und Sensibilisierung durch Erklärung der Maßnahme und ihrer Hintergründe, z.B. bei Nachpflanzungen in Alleen

Eignung / Wertung / Probleme

Nach einem Jahr sollten die Sämlinge aus den Röhren entnommen werden, da die Wurzeln sonst mit Ringelwuchs beginnen

Erfolg

noch keine Bewertung möglich

Monitoring und Dokumentation

Vitalitätsbewertung der betreffenden Bäume, Aufgraben und Untersuchen der Wurzelentwicklung an Probepflanzungen

Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen

z. B. Schlossgarten Schwetzingen:

  • Boden: hohe pH-Werte (> 7,4), Mangel an Eisen/Mangan sowie an Magnesium/Kalium (!), Oberboden meist lehmig, z.T. sehr humos, häufig Ton- oder Schluff-Schichten, die potenzielle Staukörper bilden (verringert Wurzelraum von Gehölzen)

  • Wasser: 672 mm im langjährigen Mittel, DWD

  • Klima: 11° im langjährigen Mittel DWD

Autoren

Dr. Meike Kirscht
Leiterin des Referats Historische Gärten, Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Investitionskosten

  • Tonröhre: ca. 10,-€/ Stück

  • Mehrkosten bei der Pflanzung (Bohrer): ca. 50,-€/ Pflanze

  • Kosten für Tongranulat und Bodenverbesserung: ca. 25,-€/ Pflanze

  • Achtung: Insgesamt aber deutlich höhere Einsparung durch geringere Pflanzengröße und eigene Pflanzenproduktion

Laufende Betriebskosten

ca. 5-10 Gießgänge/Jahr zu Beginn; wichtig: laufende Jungbaumpflege alle 2-3 Jahre (ca. 30 min./Baum und Jahr in den ersten 25 Standjahren)

Projektlaufzeit

Seit 2021

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Zuständige Schlösserverwaltung

Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Kontakt

Hanna Nimmenich
Arboristin im Referat Historische Gärten, Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
hanna.nimmenich@ssg.bwl.de; meike.kirscht@ssg.bwl.de