Meisenkästen als ökologischer Gehölzschutz
Bekämpfung der Kastanienminiermotte
Ziel der Maßnahme
Reduktion der Kastanienminiermottenpopulation und damit Verbesserung des Gesundheitszustandes und des optischen Erscheinungsbildes der Rosskastanien im Park
Einleitung
Aufgrund des wärmeren Klimas hat sich seit den 1990er Jahren die Kastanienminiermotte von Süden kommend kontinuierlich ausgebreitet. Sehr warme und trockene Sommer ermöglichen bis zu fünf Populationen im Jahr. In den ersten Jahren der Ausbreitung war zu befürchten, dass die Kastanien so stark geschädigt werden, dass sie absterben. Trotz starken Befalls und deutlich sichtbaren Schäden am Laub sowie Laubfall im Sommer starben dennoch keine Bäume ab. Mitte des Sommers gab es jedoch regelmäßig eine starke Beeinträchtigung des Parkbildes. Schon früh wurde entschieden, dass keine Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung eingesetzt werden. Es wurde befürchtet, dass dadurch auch Nützlinge geschädigt würden. Da die Zusammenhänge und vor allem bisher nicht bekannte Gegenspieler oder Feinde der Miniermotte nicht bekannt waren, entschied man sich, zunächst abzuwarten und die Situation zu beobachten. Historische Gärten zeichnen sich durch einen sehr vielfältigen Artenbestand aus. Es wurde daher daraufgesetzt, dass die Natur selbst, d. h. andere Arten, zur Eindämmung des Schädlings beitragen würden. Zudem war festzustellen, dass die Population im Jahresverlauf unterschiedlich verlief. Es gab Sommer, in denen die Blätter schon sehr früh braun wurden, in anderen Jahren hielten sie fast bis in den Herbst. Nach einigen Jahren wurden Meisen beobachtet, die an den Blättern pickten. Parallel waren Berichte zur biologischen Bekämpfung der Kastanienminiermotte in Fachzeitschriften zu lesen.
Maßnahmenbeschreibung
Aufgrund der Größe des Parks ist das Einsammeln des Laubes, wie es oft empfohlen wird, schwierig. Die Standorte verteilen sich hauptsächlich auf die nicht waldartigen Flächen und haben jeweils unterschiedliche Anzahlen je Standort. Die größte Pflanzung findet sich auf dem Ballhausplatz mit ca. 90 Pflanzen. Im übrigen Park handelt es sich um Solitäre und Gruppenpflanzungen von drei bis sieben Bäume.
An ausgewählten Standorten mit einem zahlenmäßig großen Bestand an Rosskastanien im Bergpark Wilhelmshöhe wurden in den von Befall durch die Kastanienminiermotte betroffenen Bäumen Pheromon Fallen aufgehängt. Insgesamt handelt es sich dabei um eine Anzahl von 16 Fallen an 9 unterschiedlichen Standorten. Während der Flugzeit der Motte zwischen April und September werden regelmäßige Kontrollen (im Abstand von ca. 4-5 Wochen) der Fallen durchgeführt und bei Bedarf (i.d.R alle 6-8 Wochen) die Lockstoffe gewechselt.
Der Park bietet für Vögel von Natur aus schon sehr viele Nistmöglichkeiten. Dennoch wurde die Maßnahme der Fallen durch das Aufhängen von Nistkästen für Meisen zusätzlich unterstützt.
Direkte Effekte
Reduktion der Miniermottenpopulation und des Befallsdruckes auf die Kastanien. Die Blätter bleiben deutlich länger grün.
Eignung / Wertung / Probleme
Der Einsatz von Pheromonfallen allein kann die Miniermottenproblematik nicht lösen. Wichtig bleibt als flankierende Maßnahme die regelmäßige Entfernung und Entsorgung des Falllaubs, um den Ausgangsbestand der Motten im Frühjahr möglichst niedrig zu halten. Zudem zeigt sich die Kombination aus Nistkästen und Fallen als wirkungsvoll.
Die Betreuung der Pheromonfallen bindet Personal und Maschinen (Zugfahrzeug und Anhänger für Leitertransport) und steht somit in Konkurrenz zu den übrigen Aufgaben in der Gehölzpflege. In Zeiten hohen Arbeitsvolumens muss daher besonders darauf geachtet werden, diese Aufgabe nicht zu vernachlässigen.
Monitoring und Dokumentation
Die Dokumentation der Fangzahlen wird im Zuge der Kontrollen vorgenommen. Hierbei erfolgt eine Einstufung gemäß Füllzustand der Fallen in die 3 Stufen „minimal“, „halbvoll“ und „voll“ und die getrennte Betrachtung von Miniermottenfängen und Beifängen (Fliegen).
Analyse
Durch die dokumentierten Fangzahlen kann eine Wirkung der Maßnahme auf die Miniermottenpopulation nachgewiesen werden. Beispielhaft seien die Ergebnisse eines Kontrolldurchganges bei allen 16 Fallen angeführt:
„Minimal“: 6 Fallen = 37,5 % Miniermotten, keine Beifänge; „halbvoll“: 7 Fallen = 21,9 % Miniermotten, 21,9 % Beifänge; „voll“: 3 Fallen = 12,5 % Miniermotten, 6,2 % Beifänge.
Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen
Der Park Wilhelmshöhe liegt in einer Höhe von 214 bis 526 m üNN an einem Westhang mit teils stärker abfallenden Hängen, Erdgeschichtlich wurde ehemaliger Meeresboden mit Sanden von Vulkanen durchstoßen, wodurch der Boden von sandig über lehmig bis hin zu lehmig-steinig und klüftig reicht.
Niederschläge der Gärtnerei auf ca. 280 m üNN gemessen in: 2020 = 661,4 mm, 2021: 677,2 mm, 2022: 592,65 zum Vergleich 1998: 950,5 mm, 1999: 873,4 mm, 2000: 778,9 mm, 2001: 898,5 mm,
Tiefsttemperaturen 2021: -16 °C, 2022: -11 °C, 1998: -14 °C, 1999: -10 °C, 2000: -10 °C, 2001: -11 °C,
Höchsttemperatur: 2021: 35 °C, 2022: 38 °C, 1998:33 °C, 1999: 33 °C, 2000: 34 °C, 2001: 33 °C,
Durchschnittstemperatur mittags 2021: 11,2 °C, 2022: 12,6 °C, 1998:11,1 °C, 1999: 11,7 °C, 2000: 11,9 °C, 2001: 11 °C
Autoren
Dr. Siegfried Hoß, Leiter Gärten und Gartendenkmalpflege, Hessen Kassel Heritage
Investitionskosten
20,- €/ Nistkasten, 16,30 €/ Falle plus 4,65 € Lockstoff für Erstausstattung
Laufende Betriebskosten
Bei den jährlichen Kosten fällt Aufwand für Reinigung der Vogelkästen von jeweils ca. 10 Minuten an.
Für die Fallen entstehen Kosten für 6 Kapsel mit Lockstoff/Falle 28, €, 14 Kontrolle und Reinigungsgänge (5 Minuten/Falle plus Anfahrt). Ersatz von 1/3 der Fallen nach Beschädigung oder Verlust
Projektlaufzeit
Seit 2016 ohne Ende
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Weiterführende Links
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Hessen Kassel Heritage
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