Parkeigene Baumschulen und Gehölzanzuchtflächen

Anzucht von Gehölzen im Großen Garten Dresden und im Schlosspark Pillnitz für den Eigenbedarf

Ziel der Maßnahme

Erhalt des Gehölzbestandes nach historischem Vorbild, Bewahrung des historischen Genpools, Anzucht aus autochthonem Material, Anzucht von Spezialsortimenten, phytosanitäre Aspekte, Unabhängigkeit von marktwirtschaftlichen Unwägbarkeiten, Vermittlung/Kommunikation von gärtnerischen bzw. gartendenkmalpflegerischen (Klimawandel-)Maßnahmen.

Einleitung

Parkbaumschulen waren für Jahrhunderte ein fester Bestandteil von Gärten und Parks. Bis ins 18. Jahrhundert wurden die Pflanzen für die Anlagen in der Regel aus benachbarten Wäldern oder in der Nähe liegenden Gärten beschafft. Ab den 1760er Jahren zog man auch fremdländische Gehölze aus importierten Samen und legte eigene Parkbaumschulen an, die zur kontinuierlichen Versorgung der Anlagen mit Gehölzen dienten. Die Pflanzen waren dadurch an die gebietstypischen Klima- und die örtlichen Bodenverhältnisse gewöhnt, was sich positiv auf den Anwuchserfolg auswirkte. Gleichzeitig sparte man die hohen Kosten für den Erwerb von Raritäten im Handel. Parkbaumschulen wurden so seit dem 18. Jahrhundert zum integralen Bestandteil großer Parkanlagen, so auch des Großen Gartens Dresden und der Schlossparks Pillnitz und Moritzburg. Spätestens durch die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges wurden die Parkbaumschulen flächendeckend aufgegeben. Anknüpfend an die historischen Traditionen sind Parkbaumschulen in Zeiten des Klimawandels zu einem wichtigen Baustein der Entwicklung der bedrohten historischen Gehölzsubstanz geworden.

Im Zuge des BMWSB-Projekts "Klimawandel in historischen Gärten" der SBG werden die Voraussetzungen für eine zukünftige Nach- und Aufzucht von autochthonem und allochthonem Pflanzenmaterial geschaffen. Im Großen Garten Dresden, nahe dem Schlosspark Pillnitz und in der Moritzburger Schlossgärtnerei sind Flächen vorhanden, die für die Nutzung als Gehölzanzuchtfläche gute Bedingungen bieten (Lokalität, Standorteigenschaften).

Maßnahmenbeschreibung

Die im Aufbau begriffene Parkbaumschule im Großen Garten Dresden mit einer Größe von ca. 5.000 m2 befindet sich nördlich des Palaisteichs an historischer Stelle, wo bereits von 1874 bis in die 1950er Jahre eine parkeigene Baumschule betrieben wurde. Dafür werden in einer ersten Phase die baulichen Strukturen geschaffen (Einfriedung aus Zaun und Hecken, Ansaatflächen und Frühbeete, Verschulflächen, Wirtschaftsbereich mit Schattenhalle, Geräteschuppen und Schüttgutboxen,

Bewässerung etc.). Zu Beginn wird die Baumschule im Minimalbetrieb bewirtschaftet werden, d. h. ohne zusätzliches Personal und Budget. In dieser Phase sind das Aussäen und Aufziehen von Stiel-Eichen bis auf Heister-Größe geplant. Die Anzucht wird durch verschiedene Versuche mit dem Ziel der Resilienzförderung begleitet werden (z. B. Vermeiden von Unterschneidungen von Wurzeln auch durch Anzucht in rückbaubaren Hochbeeten, unterschiedliche Substrate und Wassergaben). Die Nachpflanzung bestimmter Qualitäten im Park erfolgt in kleinen Qualitäten geschützt vor Wild und Vandalismus (stabiler, langlebiger Dreibock, Drahteinfassung, Revisionsöffnung). Ziel ist es dabei, so klein wie möglich zu pflanzen, um das vitale Wachstum junger Wurzeln auszunutzen, Pfahlwurzeln zu erhalten und die Anwuchswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Die zu erwartenden Arbeiten im Minimalbetrieb sollen in den Arbeitsalltag des derzeit vorhandenen Gartenpersonals integriert werden.

In der Zukunft wird ein erweiterter Betrieb bzw. der Vollbetrieb angestrebt. Im Vollbetrieb sind dann voraussichtlich zwei Baumschulgärtner und ein Baumschulgärtnermeister erforderlich. Die ca. 75 Hektar an geschlossenen Gehölzgruppen des Großen Gartens Dresden sind dann als Verjüngungspotentiale anzusehen und in den baumschulischen Alltag zu integrieren (‚Der ganze Park/Garten als Baumschule‘). Auch eine Anzucht von größeren Qualitäten und verschiedenen Arten (auch vegetativ) wird dann angestrebt.

In Pillnitz werden unweit des Schlossparks auf einer ehemals gärtnerisch genutzten Fläche (ca. 1.000 m2) ebenfalls Möglichkeiten geschaffen, um Gehölze vorübergehend einzuschlagen und auch anzuziehen. Hier werden die wertvollen, momentan noch extern untergebrachten Ersatzpflanzen (Hochstamm-Flieder) für den Fliederhof eingeschlagen und vegetativ vermehrtes Pflanzengut aufgezogen (Sicherungsvermehrung von wertvollen, abgängigen Einzelgehölzen). Die zu erwartenden Arbeiten im Minimalbetrieb sollen in den Arbeitsalltag des derzeit vorhandenen Gartenpersonals integriert werden.

In Moritzburg wurde im April 2024 eine Gehölzanzuchtfläche mit einer Größe von 300 m² in Betrieb genommen, die insbesondere für die generative Vermehrung der Rosskastanien für die Alleen des Schlossparks vorgesehen ist. Die ersten 100 seit 2022 aus parkeigenen Kastanien vermehrten Zöglinge sind hierher bereits verpflanzt worden und werden in den nächsten zwei bis drei Jahren ihren finalen Bestimmungsort in den Parkalleen finden.

Direkte Effekte

Bereitstellung von angepassten Gehölzen, Verhinderung des Eintrags von Pathogenen aus externen Einrichtungen, Bewahrung des Genpools, Ausnutzen der genetischen Vielfalt der Gehölze, höherer Anwuchserfolg durch Anzucht in denselben Standortverhältnissen wie am Zielstandort

Indirekte Effekte

Langfristige Entwicklung der historischen Gehölzbestände, Kostenersparnis durch geringeres Ausfallrisiko, erwartete höhere Funktionsdauer durch besser angepasste Gehölze (Boden, Klima), erwarteter geringerer Pflegeaufwand

Eignung / Wertung / Probleme

Sehr gut / essenziell / ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen für den erforderlichen Vollbetrieb

Erfolg

Erfolg ist noch nicht zu benennen (Start 2024), aber zu erwarten, da positive Beispiele an anderen Orten vorhanden.

Monitoring und Dokumentation

Monitoring wird im Rahmen der kontinuierlichen Bewirtschaftung geleistet. Die Dokumentation der Prozesse inkl. Erfolge/Misserfolge wird insbesondere im Rahmen eines geplanten Folgeprojektes angestrebt.

Analyse

ist vorgesehen (wichtiger Entwicklungsbaustein)

Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen

Standort (Klimastation Dresden Strehlen):

Jahresmitteltemperatur (1991-2020):            10,3 °C

Jahresniederschlag im Mittel (1991-2020):   554 mm

Autoren

Dr. Claudius Wecke, Silke Epple, Jan Weber (alle SBG)

Investitionskosten

Ca. 350.000 € Großer Garten, 150.000 € Pillnitz (beides aus Mitteln des BMWSB) und 40.000 € Moritzburg (Mittel des Freistaates Sachsen) für infrastrukturellen Aufbau inkl. Planungskosten und ersten Gehölzen (Moritzburg)

Laufende Betriebskosten

90–150 €/a für Strom und Wasser, dagegen stehen im ersten Schritt Einsparungen von ca. 7.000 € durch Eigenanzucht und Verzicht auf Einkauf von Gehölzen aus externen Baumschulen

Kooperationspartner:innen

TU-Dresden (Institut für Bodenkunde und Standortslehre)

Fördermittelgeber

Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (ehem. BMI): "Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel" über PT-Jühlich (Großer Garten und Pillnitz), sowie Mittel des Freistaates Sachsen/aus laufenden Investitionsmitteln (Moritzburg)

Projektlaufzeit

2022/01-2024/12

Download

Weiterführende Literatur

Wecke, Dr. Claudius (2023): Klimawandel in historischen Gärten Sachsens. Auswirkungen und Handlungsstrategien zur Bewältigung des Klimawandels in den historischen Gärten der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH. In: Roloff, A. Thiel, D. & Weiß, H. (Hrsg.), Tagungsband Dresdner StadtBaumtage in Dresden 9./10. März 2023. Tharandt, S. 17–31. Wecke, Dr. Claudius (2024): Klimawandel in historischen Gärten. Anpassungsmassnahmen in den staatlichen Gärten Sachsens. In: Schweizerische Gesellschaft für Gartenkultur (Hrsg.). Im Treibhaus. Gärten im Klimawandel. Topiaria Helvetica Band 2024. Zürich, S. 29-38.

Zuständige Schlösserverwaltung

Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH

Kontakt

Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gemeinnützige GmbH 
Bereich Gärten
Hauptallee 5 (Kavalierhaus G)
01219 Dresden

klimawandel@schloesserland-sachsen.de