Verbesserung des Wasserzulaufs in das Parkgewässersystem der Wörlitzer Anlagen
Ziel der Maßnahme
Milderung von Krisensituationen in trockenen und heißen Sommern für das Parkgewässersystem der Wörlitzer Anlagen
Einleitung
Bei der Gestaltung der Wörlitzer Anlagen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurden ein Altwasser (Wörlitzer See) und zwei nach Hochwasserereignissen zurückgebliebenen Weihern (Großes und Kleines Wallloch) in die Gartengestaltung einbezogen. Diese Bestandsgewässer verband man mit einem System künstlicher Kanäle, die neben dem Spaziergang auch ein Erleben des Parks per Bootsfahrt gestatten. Dieses Gewässersystem ist grundwasserbeeinflusst und wird durch einen Zulauf gespeist. Dieser stellt die Anbindung an das die regionale Kulturlandschaft durchziehende Grabensystem dar. Im Westen verfügen die Parkgewässer über drei regulierbare Auslässe. Mit den dortigen Staueinrichtungen soll im Park ein konstanter Pegelstand gesichert bzw. bei erhöhtem Wasseraufkommen auch ein beschleunigter Abfluss ermöglicht werden. Da das Gewässersystem den gesamten Park durchzieht, ist es flächig für die Standortbedingungen der Vegetation bestimmend. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde der Gondelbetrieb schrittweise ausgebaut und bildete heute das ertragreichste touristische Angebot im Gartenreich Dessau-Wörlitz.
Aus einer Konkurrenzsituation mit dem Wasserbedarf der genossenschaftlichen Landwirtschaft heraus wurde um 1973/1974 der Zubringergraben zum Zulauf in den Park ausgebaut (Leingraben). Im Zeitraum 2006-2009 legte man in der Feldflur östlich des Parks einen neuen Verbindungsgraben zwischen dem sog. Egeriagraben und dem Hauptgraben an. Dieser auch als Eselswallgraben bezeichnete Abschnitt sollte eine Wassereinspeisung in den Wörlitzer See bei der Insel Stein realisieren. Beabsichtigt war damit, in diesem flachen und im Sommer unzureichend durchlüfteten Gewässerabschnitt dem Sauerstoffmangel entgegenzuwirken und eine verbesserte Wassergüte abzusichern. Außerdem sollte mit der Reaktivierung des Wasserdurchflusses durch die Grotte der Egeria das Erscheinungsbild dieser Kleinarchitektur im Sinne der bauzeitlichen Intentionen komplettiert werden. Da allerdings der Leingraben und der Eselswallgraben aus dem gleichen Zulauf gespeist werden (über Hauptgraben bzw. Fließgraben vom Schönitzer See), hat letzterer höchstens eine Bedeutung als alternative Zuflussstrecke. Geht während der Sommermonate die Menge der Wasserzuführung aus der Umgebung zurück, wird der Eselsgraben zu Gunsten einer prioritären Wasserzuführung in den Park über den Leingraben abgedämmt und ist dann funktionslos (er kann also der eigentlich gedachten Wirkung gegenüber hochsommerlicher Krisen im östlichen Abschnitt des Wörlitzer Sees nicht gerecht werden).
In Folge besonders hoher Temperaturen und seit langem ausbleibender Niederschläge sanken während der Sommer- und Herbst-Monate in den Jahren 2018 und 2019 die Wasserstände in der Region dramatisch ab. Im Wörlitzer Park lag beispielsweise der Pegel im September 2019 um 90 cm unter dem sonst üblichen Normalwert. Damals waren Teile des Gewässersystems vollständig trockengefallen und eine Befahrung der Kanäle mit Gondeln nicht mehr möglich.
Das starke Absinken des Wasserspiegels in den Parkgewässern verursachte aber auch einen beschleunigten Verfall der baulichen Ufersicherungen. Diese sind hier dem gartendenkmalpflegerisch hochsensiblen Erscheinungsbild des Parks entsprechend in Naturmaterialien hergestellt (meist Eichenpfähle und Nadelholzfaschinen), welche durch das Trockenfallen beschleunigten Verwitterungsprozessen unterworfen sind. Damit werden Erneuerungen und Instandsetzungen nun in deutlich engeren Zyklen erforderlich, als dies bisher praktiziert worden ist.
Maßnahmenbeschreibung
Projektziel ist die bauliche Optimierung der Wasserzuführung zum Zulauf in den Wörlitzer Park. Damit sollen in Perioden eines rückgängigen Wasserangebotes die in den Park zu leitenden Mengen bestmöglich genutzt und so die Krisensituationen während außergewöhnlicher Trockenphasen im Gartendenkmal hinausgezögert oder sogar vermieden werden.
In etwa 1,5 km Entfernung kann durch eine Stauanlage (Wehr) das Wasser des Fließgrabens zum Wörlitzer Park geleitet werden, statt um den Park herum direkt zur Elbe abzufließen. Über die dauerhafte Benutzung der in Zuständigkeit des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft befindlichen Stauanlage durch die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz wurde eine bilaterale Vereinbarung geschlossen (12/2020). Das Wehr ist stark reparaturbedürftig und soll im Rahmen des Projekts der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz saniert werden. Zur Reduzierung des Nährstoffeintrages aus der Agrarflur in die Parkgewässer ist im Bereich des Zulaufs die Einrichtung eines Absetzbeckens (Reinigungsteich) vorgesehen. Für die weitere Konkretisierung des Vorhabens sind bisherige Überlegungen fachplanerisch zu überprüfen und auf ihre Machbarkeit hin zu beurteilen.
Erfolg
[Projekt in Vorbereitung]
Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen
Niederschlag (Station Lutherstadt Wittenberg):
Jahresmittel im Zeitraum 1991-2022: 565,3 mm
höchster Wert: 786 mm (2007)
niedrigster Wert: 308 mm (2018)
Temperatur (Station Lutherstadt Wittenberg):
Jahresmittel im Zeitraum 1991-2022: 9,9 °C
höchste Jahresmitteltemperatur: 11,3 °C (2018 und 2019)
niedrigste Jahresmitteltemperatur: 7,5 °C (1996)
Autoren
Dipl.-Ing. Michael Keller, Abteilungsleiter Gärten und Gewässer
Fördermittelgeber
Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
Projektlaufzeit
seit 12/2021
Download
Zuständige Schlösserverwaltung
Kulturstiftung Dessau-Wörlitz