Verwandtschaftsverhältnisse der in den historischen Gärten vorhanden Blutbuchen

Untersuchung bestimmter DNA-Regionen (Mikrosatelliten) zur Identifizierung des historischen Blutbuchenbestandes

Ziel der Maßnahme

Ziel der DNA-Untersuchung ist festzustellen, ob die unter dem Namen Fagus sylvatica 'Atropunicea' geführten Bäume demselben Genotyp angehören, oder ob abweichende Genotypen vorkommen. 

Überprüfung inwieweit neu gepflanzte Blutbuchen genetisch den historischen entsprechen bzw. inwieweit bei Verlust aus anderen Gärten genetisch gleiches Material bezogen werden kann

Einleitung

In fast allen historischen Gärten wurden insbesondere ab der Mitte des 19. Jahrhunderts Blutbuchen vermehrt gepflanzt. Mit jetzt 150 und mehr Jahren steht zu befürchten, dass diese Generation nach und nach ausstirbt, insbesondere an Stellen, an denen die Wasserversorgung nicht ideal ist. Wenn Nachpflanzungen erforderlich sind, wird hierfür meist veredelte Baumschulware auf der Grundlage des wirtschaftlichsten Angebotes eingekauft. Es stellte sich somit die Frage, ob es hierdurch zu einer Veränderung des Erscheinungsbildes und des genetischen Materials kommt oder ob aufgrund der Veredlungsmethode das historischen Genmaterial heute noch in den Baumschulen verkauft wird. Wenn es heute mehrere Varianten gibt, die unter der Bezeichnung ‚Atropunicea‘ verkauft werden, stellt sich zudem die Frage, wie das historische Genmaterial erhalten bzw. bei Verlust neu besorgt werden kann.

Maßnahmenbeschreibung

Zur Untersuchung des Verwandtschaftsgrades wurde nicht das komplette Genom, sondern nur besondere Abschnitte, Mikrosatelliten, untersucht. Hierfür wurden Sommerblätter der Blutbuchen von verschiedenen historischen Gärten erbeten. Die Bäume, von denen die Proben genommen wurden, sollten mindestens 100 Jahre alt sein oder einen Stammdurchmesser von mindestens einen Meter aufweisen. Nachweislich veredelte Nachkömmlinge wären ebenso möglich. Zum Vergleich wurden auch Proben von Buchen genommen, die in den letzten Jahren bei Baumschulen erworben wurden. 

Im Labor wurde dann die entsprechende Untersuchung vorgenommen und anhand der Mikrosatelliten die Verwandtschaftsverhältnisse analysiert.

Direkte Effekte

Auch wenn die Auswertung noch nicht komplett erfolgt ist, lässt sich feststellen, dass die heute in Baumschulen verkauften Pflanzen zum Teil direkte vegetative Nachkommen oder verklonte generative Nachkommen der Mutter-Blutbuche in Sondershausen sind. Es gibt in historischen Gärten noch einige mit der „Mutter-Blutbuche“ von Sondershausen genetisch identische Exemplare (9,2 % von 402 untersuchten Bäumen). Mit 25,9 % am häufigsten vertreten ist eine zweite, nah verwandte Linie. Diese ist ein generativer Nachkomme der Mutter-Blutbuche, sehr wahrscheinlich in 2. Generation (Enkel).

Indirekte Effekte

Aus der Untersuchung lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt feststellen, dass es sinnvoll ist, von den jeweils in den Park vorhandenen Blutbuchen über Veredlung genetisch identische Nachkommen für ein Nachpflanzung zu kultivieren. Zudem gibt es auch alte Bäume, die genetisch identisch mit der Mutter-Blutbuche sind, sich aber morphologisch unterscheiden. In Wilhelmshöhe (und in anderen Gärten) ist dies z. B. die Varietät, die unter 'Roseomarginata' geführt wird und sich optisch deutlich durch rosa-weiß geränderte Blätter von der Mutter-Blutbuche unterscheidet, sodass dieser Typ vermutlich eine Mutation der Mutter-Blutbuche ist. Ein anderes Beispiel ist die Varietät Fagus sylvatica 'Purpurea Pendula', die sich genetisch nicht von den baumförmigen Vertretern eines ebenfalls häufig vorkommenden Genotyps (6,2 %, direkter generativer Nachkomme des am häufigsten nachgewiesenen Genotyps, s. o.). Dies zeigt am Beispiel der Blutbuchen, wie groß der Genpool in historischen Gärten ist und wie wichtig es ist, dass in historische Gärten vorhandene Genmaterial vegetativ zu erhalten. Baumschulware eignet sich dann zum Nachpflanzen, wenn der Genotyp des nachzupflanzenden Baumes und der der Baumschule bekannt ist.

Erfolg

Sehr guter Erfolg, obwohl noch nicht abgeschlossen

Monitoring und Dokumentation

Nach Abschluss der Untersuchung sollten entsprechende Blutbuchen vegetativ nachgezogen und deren Abstammung dokumentiert werden.

Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen

Die Standorte in den zahlreichen Parks sind sehr unterschiedlich. Sie sind jedoch für die Auswertung und Schlussfolgerung nicht von Bedeutung.

Autoren

Dr. Siegfried Hoß,
Leiter Gärten und Gartendenkmalpflege Hessen Kassel Heritage,

Dr. Andreas Meier-Dinkel
Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA)
Abt. Waldgenressourcen

Kooperationspartner:innen

Dr. Aki Höltken und Dr. Andreas Meier-Dinkel, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA),
Abt. Waldgenressourcen,

Northwest German Forest Research Institute,
Dept. of Forest Genetic Resources,
Professor-Oelkers-Straße 6,
34346 Hann. Münden

Fördermittelgeber

Mathias-Tantau-Stiftung, Uetersen

Projektlaufzeit

2020 noch nicht abgeschlossen

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Zuständige Schlösserverwaltung

Hessen Kassel Heritage

Kontakt

Siegfried Hoß
0561/31680-135,
siegfried.hoss@heritage-kassel.de

Andreas Meier-Dinkel,
andi.meier-d@web.de

Aki Höltken,
aki.hoeltken@nw-fva.de