Vitalisierung Phythophthora-geschädigter Bäume

Kaliumphosphit-Behandlung an Rotbuchen, Linden, Eichen und Ahorn

Ziel der Maßnahme

Durch Phytophthora geschädigte Bäume werden durch eine Kaliumphosphit-Behandlung gestärkt und der Pilzbefall vermindert.

Einleitung

In den letzten drei Jahrzehnten haben sich in Europa bei zahlreichen europäischen Baumarten und insbesondere bei Rotbuche, Stiel- und Traubeneiche, Sommer- und Winterlinde, Spitzahorn sowie weiß- und rotblühenden Rosskastanien Wurzelschäden, Stammkrebse und Absterbeerscheinungen durch eingeschleppte invasive Phytophthora-Pilze deutlich verstärkt (Jung et al. 1996, 2000). Die Einschleppung der invasiven Schaderreger erfolgt hauptsächlich über Pflanzaktionen, da mittlerweile ein großer Teil der Baumschulbeete mit oftmals mehreren Phytophthora-Arten verseucht ist.

Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen haben in den letzten 25 Jahren gezeigt, dass der Klimaverlauf mit der Häufung klimatischer Extreme (extreme Nass- und Trockenperioden im Wechsel, Starkregenfälle, milde Winter) der Vermehrung und Infektionsfähigkeit der Krankheitserreger stark entgegenkommt (Jung et al. 1996, 2000, 2003, 2018; Jung 2009). Wenn beispielsweise auf einen sehr feuchten Sommer ein sehr warmer Sommer folgt, sind die Bedingungen für das Pilzwachstum ideal. Aus gartendenkmalpflegerischer Sicht ist der Erhalt der alten Baumindividuen von hoher Bedeutung. Dazu kommt, dass jede Maßnahme zur Erhaltung von Baumbeständen und zur Erhöhung des Holzzuwachses zur Fixierung von Kohlenstoff in den Holzkörpern führt. So tragen der Erhalt und die Förderung von Baumindividuen zur Absenkung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre bei. Maßnahmen, welche dem Absterben von Baumbeständen durch Phytophthora-Schadpilze entgegenwirken sind somit als klimawirksam zu bezeichnen.

Maßnahmenbeschreibung

Die umweltverträglichste und weltweit häufigste und erfolgreichste Maßnahme zur Vitalisierung von Bäumen mit Phytophthora-Schäden im Feinwurzelsystem besteht in einer Steigerung der Abwehrfähigkeit der Wurzeln mithilfe eines systemischen, spezifisch wirksamen Düngemittels auf Kaliumphosphitbasis (Wirkstoff phosphorige Säure). Das Phosphitdüngemittel wird in Kombination mit einem Haft- und Benetzungsmittel über die Rinde des unteren Stammes oder alternativ über die Blätter appliziert. Phosphorige Säure wird mit dem Saftstrom systemisch in die Wurzeln transportiert und bewirkt eine Steigerung der Abwehrfähigkeit der Wurzeln gegen Phytophthora – Infektionen und ermöglicht den erkrankten Bäumen so eine Regeneration ihrer geschädigten Feinwurzelsysteme. Eine Entseuchung des Bodens wird damit nicht erreicht.

Seit dem Frühjahr 2006 führt die Bayerische Schlösserverwaltung im Schlosspark Nymphenburg, im Englischen Garten und auf der Herreninsel im Chiemsee Versuche durch, um die Feinwurzel- und Rindenerkrankungen der Rotbuche, der Stiel- und Traubeneiche sowie der Sommer- und Winterlinde durch verschiedene Phytophthora-Arten mithilfe des Phosphitdüngemittels zu kontrollieren. Die bisherigen Ergebnisse zeigen kontinuierliche Verbesserungen des Gesundheitszustandes der Kronen und der Feinwurzelsysteme.

Der Schutzeffekt von Phosphit gegen Phytophthora-Befall über eine Abwehrsteigerung und Vitalisierung des Baumes ist zeitlich befristet, wobei über die Schutzdauer bei unseren europäischen Baumarten keine endgültigen Erfahrungswerte vorliegen. Die Behandlung sollte deshalb über mehrere Jahre einmal jährlich wiederholt werden, um den Bäumen ausreichend Zeit zur Erholung ihrer Feinwurzelsysteme zu geben. Nach den Erfahrungen bei der BSV wiesen aber auch Bäume, die länger als drei Jahre nicht mehr behandelt wurden, weiterhin eine verbesserte Vitalität auf.

Zwischen 2006 und 2015 wurden von Dr. Thomas Jung im Rahmen des Bekämpfungsversuches der Phytophthora – Feinwurzel- und Rindenschäden mittels Stammapplikation von 50-prozentiger Kaliumphosphit-Lösung 13 Stieleichen und 71 Rotbuchen im Nymphenburger Schlosspark und im Englischen Garten in München sowie auf der Herreninsel behandelt. In den Jahren 2007 bis 2011 waren Folgebehandlungen durchgeführt worden. 15 Eichen und 68 Buchen dienen als unbehandelte Kontrollgruppe. Im selben Zeitraum wurden 13 Buchen und 15 Eichen im Nymphenburger Schlosspark sowie 25 Buchen im Englischen Garten ebenfalls mittels Stammapplikation von 50-prozentiger Kaliumphosphit-Lösung behandelt. Jeweils 15 Buchen und Eichen im Nymphenburger Schlosspark dienen als Kontrollgruppe.

Die Behandlungen werden in den Jahren 2023 bis 2025 auf weitere 462 Bäume in den Verwaltungen Aschaffenburg, Würzburg, Bayreuth und Coburg ausgedehnt werden. Die Erfahrungen sollen wiederum in einer wissenschaftlichen Auswertung münden.

Direkte Effekte

Verbesserung der Feinwurzelstrukturen der Bäume

Indirekte Effekte

Verbesserung der Vitalität und der Feinverzweigung der Bäume

Eignung / Wertung / Probleme

Befallene Bäume können über dieses Verfahren in ihrer Vitalität so gestärkt werden, dass die Auswirkungen der Phytophthora-Infektion überwunden werden können. Die Chancen, die Bäume durch die Behandlung erhalten zu können, steigt deutlich. Der Kronenzustand (Kronenverlichtung) der behandelten Bäume gegenüber den Kontrollbäumen hat sich zwischen 2006 und 2015 signifikant verbessert (zwischen elf und 20 Prozentpunkte Kronenverlichtung (z. B. Eichen in Nymphenburg: Verbesserung der behandelten Bäume von 38,1% Kronenverlichtung auf 27,3%, bei gleichzeitiger Verschlechterung der Kontrollbäume von 42,3% auf 51,5% Kronenverlichtung). Die Maßnahmen müssen über mehrere Jahre durchgeführt werden. Ist Phytophthora einmal im Boden, bleibt sie dort über lange Zeit erhalten.

Erfolg

guter Erfolg, die Maßnahme wird weitergeführt

Monitoring und Dokumentation

Bericht von 2015 mit Auswertung von Kronenfotos der Verlichtung im Vergleich zu nicht behandelten Kontrollbäumen

Analyse

Labornachweise der Phytophthora-Arten im Labor Dr. Jung

Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen

Aufgrund der Unempfindlichkeit der dickwandigen Dauersporen (Oosporen und Chlamydosporen) von Phytophthora - Pilzen gegenüber Fungiziden und der Tatsache, dass diese Sporen in der Regel in infizierten lebenden oder bereits abgetöteten Wurzeln vor dem Kontakt mit flüssigen Fungiziden geschützt sind, ist es unmöglich Phytophthora-infizierten Boden mit den in Europa zugelassenen Mitteln zu entseuchen.

Bemerkungen

In Europa wurden in Spanien Bekämpfungsversuche mit Kaliumphosphit durchgeführt. Dabei konnte die durch Phytophthora cinnamomi und weitere Phytophthora-Arten verursachte Feinwurzelerkrankung der Stein- und Korkeiche (Quercus ilex und Quercus suber) durch systemische Applikation (mittels Injektion) von Phosphit erfolgreich bekämpft werden. Die behandelten Bäume zeigten innerhalb von zwei Jahren ein deutlich verbessertes vegetatives Wachstum. Im dritten Jahr nach der Behandlung kam es zu einer erheblichen Verbesserung der Krankheitssymptome. Seit dem Jahr 2012 laufen zudem Versuche in Polen und Spanien, bei denen Eichenwälder aus der Luft mit Kaliumphosphit behandelt werden. Auch hier führten die Behandlungen zu deutlichen Vitalitätssteigerungen.

Autoren

Michael Degle, Vera Donata Wesinger, Sachbearbeiterin für Gartendenkmalpflege | Gärtenabteilung, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Investitionskosten

Projekt 2023 bis 2025 Nordbayern:

Gesamtkosten für 462 Bäume:

2023: 55.600 Euro

2024: 44.000 Euro

2025: 56.000 Euro

(inkl. Labor, Kronenansprache und Bericht)

Laufende Betriebskosten

Behandlungskosten je Baum, je nach Größe, im Durchschnitt: ca: 90 Euro/Jahr

Projektlaufzeit

2005–2022; 2023–2025

Download

Weiterführende Literatur

Publikationsverzeichnis
Jung, T., Blaschke, H. & Neumann, P. (1996) Isolation, identification and pathogenicity
of Phytophthora species from declining oak stands. European Journal of Forest
Pathology 26: 253-272.

Jung, T., Blaschke H. & Oßwald, W. (2000) Involvement of Phytophthora species in
Central European oak decline and the effect of site factors on the disease. Plant
Pathology 49: 706-718.

 

Zuständige Schlösserverwaltung

Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Kontakt

Vera Donata Wesinger

Gärtenabteilung, Bayerische Schlösserverwaltung

Schloss Nymphenburg, Eingang 42

80638 München

poststelle@bsv.bayern.de