Gehölzentwicklungsflächen

Anzucht klimaresilienter Gehölze für Nachpflanzungen

Ziel der Maßnahme

langfristiger Erhalt des Gehölzbestandes, stufenweiser Wiederaufbau des Baumbestandes mit klimaresilienten Gehölzen nach historischem Vorbild

Einleitung

2020-2023 befasste sich das KERES-Projekt mit dem Schutz von Kulturgütern vor den Auswirkungen des Klimawandels, speziell vor Extremwetterereignissen. Deutschlandweit wurden fünf Kulturgüter näher erforscht, darunter die historischen Parkanlagen Babelsberg und Sanssouci. Hier lag der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Anpassungsstrategien für den Erhalt von Wegen und Gehölzen, da diese essentiellen Gestaltungselemente besonders betroffen sind und ein zunehmendes Sicherheitsrisiko darstellen. In Zusammenarbeit mit dem Climate Service Center GERICS/hereon und verschiedenen Fraunhofer-Instituten, wurden Ursachen untersucht, Szenarien entwickelt und Handlungsempfehlungen für den Erhalt der Kulturgüter entwickelt. Eine wichtige Maßnahme zum Erhalt des Gehölzbestandes war die Einrichtung sogenannter Entwicklungsflächen, auf denen verschiedene Ansätze für die Nachpflanzung von Gehölzen erprobt werden. Die Entwicklungsflächen liegen alle in Bereichen, in denen der Gehölzbestand in den letzten Jahren eingebrochen ist und Nachpflanzungen perspektivisch erforderlich wären.

Maßnahmenbeschreibung

Auf insgesamt acht sogenannten Entwicklungsflächen in den historischen Gärten Sanssouci und Babelsberg werden verschiedene Ansätze zur Anzucht klimaresilienter Gehölze erprobt. Die Flächen unterscheiden sich in ihren Standortbedingungen bzgl. Topographie, Exposition, Beschattung und Bodenverhältnissen. Über eine frei zugängliche Wissensplattform sollen die gesammelten Erkenntnisse Interessierten und Betroffenen zur Verfügung gestellt werden, daher soll ein möglichst breites Spektrum an regionalen Standortverhältnissen abgedeckt werden. Auch die Pflegeintensität variiert: Auf einigen Flächen wird gewässert, mit anfallendem organischem Material gemulcht (Algen oder Rasenschnitt) und der Boden mit Pferdemist (Park Babelsberg) oder einer Mischung aus Kompost und Melaune (Park Sanssouci, Parkrevier I) verbessert. In anderen Arealen wie auf dem Ruinenberg (Park Sanssouci) wird lediglich der unerwünschte Aufwuchs entfernt. Die Flächen in Babelsberg und auf dem Ruinenberg sind mit einem Wildschutzzaun eingefriedet, während die Flächen im westlichen Park Sanssouci ungeschützt sind. Die verwendeten Gehölze stammen aus Eigenwerbung, Anzucht lokalen Saatguts oder regionalen Forstbaumschulen. In Babelsberg wurden zwei Flächen mit einer Gehölzauswahl bepflanzt, die sich in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde sowohl an den 2016 kartierten Biotoptypen orientiert (Fläche 1: Biotoptyp 08192; Fläche 2: Biotoptypen 08171 & 08182) als auch dem gartendenkmalpflegerischen Leitbild entspricht. Die Flächen wurden beide mit einer Kombination aus Großgehölzen (30%), Kleinbäumen/Großsträuchern (35%) und Sträuchern (35%) bepflanzt. Der Großteil der Gehölze stammt aus einer regionalen Forstbaumschule (FBS), nur ein kleiner Teil aus einer konventionellen Baumschule (kBS)

Großbäume: Quercus petrea, Fagus sylvatica, Tilia cordata, Carpinus betulus (sämtlich FBS)

Kleinbäume/Großsträucher: Acer campestre, Prunus padus, Rhamnus fragula, Crataegus monogyma, Sambucus nigra (sämtlich FBS), Cornus mas (kBS)

Sträucher: Euonymus europaea (FBS), Rosa canina (FBS), Rosa rubiginosa (kBS), Rosa spinosissima (kBS), Lonicera xylosteum (kBS), Berberis vulgaris (kBS).

Auch die Gehölze auf den Entwicklungsflächen im Park Sanssouci wurden gemäß den historischen Vorgaben ausgewählt. Für den Ruinenberg sind die Vorgaben eher ungenau – hier soll ein waldartiger, gemischter Baumbestand mit Strauchschicht entstehen. Für die dortigen Flächen heißt das, neben Fagus sylvatica (Förderung der Naturverjüngung, z. T. auch Setzlinge aus eigener Anzucht) wurden Eichen aus Eigenwerbung (Q. petrea), Fortsbaumschulware (Q. robur, Q. pubescens, Q. frainetto) sowie selbst angezogene Zerreichen, deren Saatgut von Atbäumen aus der Umgebung stammt, gepflanzt. Außerdem wurden Hainbuchen aus Eigenwerbung und in besonders exponierten Randbereichen Esskastanien aus eigener Anzucht gepflanzt. Im Norden wurden zusätzlich 100 Pinus sylvestris aus der regionalen Forstbaumschule in kleinen Qualitäten gepflanzt. Strauchpflanzungen (v. a. Ribes alpinum) wurden größtenteils flächig, teilweise aber auch gezielt um neu gepflanzte Großbäume gesetzt. Letzteres fungiert als eine Art „grüner Zaun“, der das Gehölz vor Verbiss schützt, den Aufwuchs des Leittriebs fördert, den Boden vor Verdunstung und Erosion schützt und auch bei Pflegearbeiten unbeabsichtigte Schäden verhindert.  

Auch für die Entwicklungsflächen in den ebenen Bereichen von Sanssouci wurden Gehölze aus der Forstbaumschule (Betula pendula, Pinus sylvestris) gepflanzt und durch gezielte Rodungen die Naturverjüngung von Fagus sylvatica, Tilia cordata und carpinus betulus gefördert.

Zusätzlich werden die Flächen mit Sensoren zur Messung der Bodenfeuchte und –temperatur ausgestattet. Die Sensoren messen in ca. 40 cm Tiefe, um zu erfassen, wieviel Wasser nach Niederschlagsereignissen im Wurzelraum ankommt. Zweimal jährlich soll mittels Monitoring geprüft werden, wie sich die Gehölze entwickeln.

Direkte Effekte

Die Entwicklungsflächen liegen alle in Bereichen, in denen der Gehölzbestand in den letzten Jahren eingebrochen ist und Nachpflanzungen perspektivisch erforderlich wären. Der Wiederaufbau des Gehölzbestandes wird somit direkt befördert. Bereits nach einem Jahr ließen sich Trends ablesen, welche Gehölze zukunftsfähig sein könnten. So gab es bei den Rotbuchen in Babelsberg, die aus der Forstbaumschule stammten gleich im ersten Jahr massive Ausfälle, Nachpflanzungen mit Buchen aus Eigenwerbung zeigen sich dagegen stabiler.

Indirekte Effekte

Durch die Pflanzung der Gehölze wird der Boden vor Erosion geschützt, der Biomasseeintrag wird erhöht und die Bildung einer Humusschicht gefördert, Feuchtigkeit und Nährstoffe werden im Boden gehalten. Die gewonnenen Erkenntnisse können zukünftig bei der Auswahl der nachzupflanzenden Gehölze helfen und in den stiftungseigenen Baumschulen umgesetzt werden.

Die Daten aus den Bodenfeuchtemessungen können bei der Optimierung des Wassermanagements genutzt werden. Die Veränderung der Niederschlagsereignisse (zunehmend Starkregen im Wechsel mit langanhaltender Dürre) erfordert ggf. eine Anpassung der Bewässerungsintervalle, den Einsatz wasserspeichernder Substrate oder die Anzucht trockenheitsresistenterer Sorten. Da die Technik auch nach Ablauf des KERES-Projektes im Besitz der SPSG verbleibt, können die Messungen nach der Projektlaufzeit (2020-2023) fortgeführt werden.

Das KERES-Projekt beförderte zudem den Austausch mit Expert:innen unterschiedlicher Fachrichtungen aus ganz Deutschland ebenso wie mit lokalen Akteuren und schaffte damit eine umfassende Grundlage für weitere Projekte.

Eignung / Wertung / Probleme

Die Anlage der Entwicklungsflächen erfordert geeignete Areale, d. h. diese Bereiche müssen sich unter gartendenkmalpflegerischen Gesichtspunkten in den Bestand einfügen. Optimal sind daher Flächen, auf denen ein Gehölzbestand konzeptionell vorgesehen ist. Flächen, die nicht eingefriedet sind, fügen sich gut in das Gesamtbild des Gartens ein, für die mit einem Wildschutzzaun eingezäunten Flächen sollten für Besucher:innen dezente Informationstafeln erläutern, was auf den Flächen passiert. Die Einfriedung ist ein zusätzlicher Kostenfaktor, die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass eine Umzäunung nicht überall zwingend erforderlich ist, zumal sie auch eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes darstellt.

Die Größe der Flächen ist relativ variabel – auch kleinere Flächen sind geeignet, geben aber weniger Analysemöglichkeit.

Bei der Auswahl der Sensoren sollte auf eine ausreichende Messtiefe geachtet werden (min. 40 cm), unterirdisch verlegte Sensoren sind vor Vandalismus und Diebstahl geschützt, müssen aber unbedingt eingemessen werden.

Erfolg

Bereits nach einem Jahr ließen sich Entwicklungstrends ablesen: Gehölze aus Eigenwerbung entwickeln sich am besten und zeigen die wenigsten Ausfälle, gefolgt von Forstbaumschulware. Konventionelle Baumschulware zeigt dagegen die meisten Ausfälle. Je kleiner die Qualitäten sind, desto größer sind die Anwachserfolge.

Zu den Auswirkungen verschiedener Maßnahmen (z. B. Bodenverbesserung) lassen sich noch keine belastbaren Ergebnisse formulieren. Auch zur Auswahl der Gehölze lassen sich erst in einigen Jahren zuverlässige Aussagen treffen. Die Fortführung der Maßnahme ist daher sinnvoll.

Monitoring und Dokumentation

In einem Stammdatenblatt werden die Flächen beschrieben (Standort, Gehölze, Maßnahmen) und in einer Karte verortet. Zweimal jährlich wird mittels Monitoring geprüft, wie sich die Gehölze entwickeln. Die Sensoren senden je nach Modell alle 30 Minuten bzw. alle 240 Minuten Daten zu Bodenfeuchte und –temperatur in 40 cm Tiefe, die über ein offenes Netzwerk eingesehen werden können.

Analyse

Im Rahmen des KERES-Projektes wurden Daten zu Bodenfeuchte und –temperatur, Lokalklima und Extremwetterereignissen erhoben sowie Klimamodellierungen und Szenarien für Sturmereignisse und Hitzebelastung erstellt. Teilweise wurden an den Standorten der Entwicklungsflächen bereits Bodenprofile erstellt – dies soll für die anderen Flächen noch ergänzt werden. Für Babelsberg liegen zudem Gutachten zur Bodenzusammensetzung vor.

Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen

Der Ruinenberg gehört zu den besonders exponierten, trockenen Standorten im Park Sanssouci. Sonneneinstrahlung, Sturmereignisse und Starkregen haben hier besonders dramatische Auswirkungen. Die Zunahme der Wetterextreme korreliert mit den Abgängen im Gehölzbestand. 2021 wurde deshalb mit der Erstellung und Umsetzung eines umfassenden Entwicklungskonzeptes für die Regeneration es Ruinenberges begonnen.

Wetterdaten für Potsdam:

·         Jahresmitteltemperatur 2022: 11°C (Min.: 1,5°C 2022 / 12, Max.: 21,4°C 2022 / 08)

·         Jahresgesamtniederschlag 2022: 404 mm (Min.: 1,3 mm 2022 / 3, Max.: 58,8 mm 2022 / 12)

Quelle: https://www.wetterkontor.de/de/wetter/deutschland/monatswerte-station.asp [Stand 09.2023]

Autoren

M. Sc. Katharina Matheja,
Fachkoordinatorin der Abteilung Gärten der SPSG

Investitionskosten

Die Ausstattung mit Bodenfeuchte-Sensoren ist relativ kostengünstig (ca. 100-150€/Stk.) und besonders sinnvoll bei der Erprobung von Bodenverbesserungsmaßnahmen. Die Umzäunung mit einem Wildschutzzaun ist ein weiterer Kostenfaktor, ebenso die Erstellung und Installation von Informationstafeln. Zäune und Schilder müssen zudem Instand gehalten werden.

Laufende Betriebskosten

Der Pflegeaufwand ist abhängig von der Pflegeintensität der jeweiligen Fläche. Da für die Entwicklungsflächen in den grundlegenden Gehölzentwicklungsplänen einen Gehölzbestand vorgesehen ist, übersteigen Betriebskosten und Personalaufwand nicht den regulären Rahmen.

Kooperationspartner:innen

Climate Service Center GERICS/hereon (Helmholtz-Gesellschaft), Fraunhofer-Gesellschaft: IBP, IOSB, IMW

Fördermittelgeber

Bundesministerium für Bildung und Forschung - BMBF

Projektlaufzeit

1.12.2020-30.11.2023

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Zuständige Schlösserverwaltung

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Kontakt

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Abteilung Gärten

E-Mail: k.matheja@spsg.de
Tel: +49 (0)331.96 94-673
www.spsg.de

Hausanschrift:
Allee nach Sanssouci 6
14471 Potsdam