Ziel der Maßnahme

Verbesserung der vertikalen Strukturierung und Erhöhung der ökologisch wichtigen Grenzliniendichte sowie Vergesellschaftung von Gehölzen mit offenen Wiesen- und Parkräumen hinsichtlich Klimaresilienz und Adaption

Einleitung

Aus heutiger Sicht fehlerhafte Pflegeentscheidungen wie zum Beispiel starke Aufforstungen und Förderung von Monokulturen (z.B. Buchenbestand) haben den Tiergartenwald der UNESCO-Welterbestätte Schlösser Augustusburg und Falkenlust anfällig für Schäden gemacht, die sich unter anderem auch auf die klimatischen Veränderungen und damit einhergehenden Stressoren, wie Dürre, Starkregenereignisse und Stürme zurückführen lassen.

Seit den letzten Jahrzehnten kommt es vermehrt zu sukzessivem, flächigem Verlusten von Waldstrukturen und damit dem Vermögen, CO₂, Feuchtigkeit und Hitze zu binden. 2020 mussten große Bereiche des Schlossparks über Monate für den Besucherverkehr abgesperrt werden, da die Verkehrssicherheit der Bäume nicht mehr zu gewährleisten war.

Es war somit dringend notwendig, die Wald- und Vegetationsstrukturen an die klimatischen Veränderungen anzupassen, damit der Tiergarten als wichtiger Bestandteil der Welterbestätte langfristig erhalten werden kann.

Im Rahmen des von der Verwaltung der Schlösser und Gärten Brühl gesteuerten Projekts „Gestalterische Anpassung einer historischen Anlage an die Auswirkungen des Klimawandels“ im Rahmen des Bundesprogramms „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ sollen daher Strategien entwickelt und umgesetzt werden, die den waldartigen Bestand des Tiergartens resilienter gegenüber der klimatischen Veränderungen machen und zugleich in Übereinstimmung zu den gartendenkmalpflegerischen Zielen der Erhaltung und Restaurierung nach Leitbild der Lenné -Planung von 1842 stehen.

Maßnahmenbeschreibung

Übergeordnetes Leitziel der Maßnahme ist die Erhöhung der Klimaresilienz und Adaption der Waldvegetation des Tiergartens durch Verbesserung der vertikalen Strukturierung und Erhöhung der ökologisch wichtigen Grenzliniendichte sowie durch Vergesellschaftung von Gehölzgruppen und Einzelbäumen mit neu zu schaffenden diversen offenen Wiesen- und Parkräumen.

Aufgrund fehlender wissenschaftlichen Grunddaten wurden daher zunächst interdisziplinäre gutachterliche Leistungen und Kartierungen zu Geologie/Böden, Hydrologie, Klimatologie, Vegetationskunde, Artenschutz sowie eine baumgutachterliche Stellungnahme beauftragt, um die abiotischen und biotischen Standortfaktoren des Projektgebietes zu erfassen und zu bewerten. Zudem wurde vorbereitend zur Objektplanung die gartendenkmalpflegerische Zielstellung auf Grundlage einer vertieften Analyse zur Entwicklungsgeschichte des Tiergartens fortgeschrieben. Im Rahmen einer Forschungskooperation mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und dem dort ansässigen INRES - Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz am Lehrstuhl für Agrarökologie und Organischer Landbau wurden begleitend Bachelor- und Masterarbeiten in den Kontext des Förderprojektes gestellt. In diesen wurden mit der Bestandserfassung und Bewertung von abiotischen und biotischen Faktoren des Projektstandortes ein Vergleich zu den Standortfaktoren im gesamten Schlosspark gestellt. Insbesondere die Masterarbeit „Der Schlosspark Brühl in Zeiten des Klimawandels - Analyse der Vegetation und Vitalität des Parkwaldes“ vorgelegt von Svenja Rudow (2024) mit der detaillierten Bestimmung der die Vegetation unterscheidenden Einflussfaktoren und die sich daraus ergebenen Auswirkungen auf unser Artenspektrum, also die Identifikation dieser feinen Unterschiede in der vorherrschenden homogenen Vegetationstypen, liefert hier für die Brühler Anlagen wertvolle Hinweise zu aktuellen und zukünftigen Anpassungsstrategien im Klimawandel.

Die in der Masterarbeit von Nikolaj Meyer (2024) vorgeschlagene Pflanzung heimischer Gehölze und der Erhalt von Waldstrukturen mit dem Schwerpunk der Eichenförderung (und somit der Begünstigung des Beutespektrums von Fledermäusen) lieferten konkrete wertvolle Hinweise zum Artenschutz und sind darüber hinaus ein wichtiger Beitrag zur Bedeutung der Ökosysteme aller historischer Gärten im Klimawandel.

Auf diesen Grundlagen sollen ab Oktober 2024 Maßnahmen der „Eichenförderung“ und der „Waldrand-Entwicklung“ in den Abteilungen V und VI des Tiergartens umgesetzt und als Klimaanpassungsstrategien für den geschädigten Wald erprobt werden.

Die vom Bodengutachten und vegetationskundlichen Gutachten herausgearbeiteten Standortmerkmale besitzen laut Empfehlung des Waldbaukonzepts NRW volle Kompatibilität mit dem Waldentwicklungstype „WET12 Eiche-Buche / Hainbuche“ und somit dem Lebensraumtyp, nach denen der Wald im Tiergarten des Schlossparks Augustusburg zukünftig entwickelt werden soll. Dieser entspricht dabei auch dem Waldtypus, der in der gartendenkmalpflegerischen Zielstellung als historische Waldvegetation des Standorts nachgewiesen wurde und regeneriert werden soll (Eichen-Hutewald Wildpark 12. Jh., Eichen-Buchen-Mittelwald 19. Jh.).  Zudem entspricht die Revitalisierung des klimageschädigten Tiergartenwaldes zu einem Eiche-Buche-Hainbuchenwald (bzw. Eichen-Mischwald) den naturschutzfachlichen Zielen der Waldentwicklung nach der potenziell natürlichen Vegetation und den FFH-Richtlinien.

Eichenförderung

Die Eiche (Stieleiche/ Traubeneiche) wäre somit die Leitart für die Waldentwicklung des Tiergartenwaldes im Schlossparks Augustusburg. Die standortheimischen Stiel- und Traubeneichen gelten in Deutschland als klimaresistente Baumart. Nach wie vor sind im Tiergartenwald sowie am Umfassungsgraben und in den Bosketten sehr alte Stileichenbestände vorhanden. Die Altbäume gilt es, längstmöglich zu erhalten. Aufgrund des Lichtmangels und der übermäßigen Konkurrenz der Rotbuche wurde der Eichenbestand im Tiergartenwald über die Jahrhunderte immer weiter verdrängt. Da Eichen lichtliebende und konkurrenzschwache Baumarten sind, gilt ihre Verjüngung und Erziehung in der Jungwuchsphase und ihre Erhaltung innerhalb eines Mischbestandes als fachlich anspruchsvoll und zeitaufwändig. Um den Wald in Richtung des angestrebten Leitziels eines „Eiche-Buche/Hainbuchen-Waldes“ zu entwickeln, bedarf es gezielter waldbaulicher Maßnahmen, die im Rahmen des Förderprojektes initiiert werden und über die nächsten Jahrzehnte kontinuierlich weitergeführt werden sollten. Dabei setzen die Entwicklungsmaßnahmen mosaikartig und kleinflächig an und können in den nächsten Jahren über die Evaluation der Erstmaßnahme im weiteren Waldbestand fortgeführt werden.

Umgesetzt werden folgende Maßnahmenmodule zur Eichenförderung:

- Naturverjüngung an Mutterbäumen

Es werden Maßnahmen an den Bestandseichen und in ihrem Umfeld durchgeführt, um den Eichenaltbestand zu sichern und Bedingungen zur „natürlichen Verjüngung am Mutterbaum“ zu schaffen. Dafür muss das Baumumfeld von den Lichtverhältnissen und vom Untergrund vorbereitet werden, um optimale Verhältnisse zur Keimung und zum Aufwuchs der Sämlinge zu schaffen. Die Förderung der Begleitgehölze im Umfeld der Eiche (Ammenbäume) sind weitere Ziele.

- Künstliche Verjüngung mit Aussaat in kleine Waldbaumschulen

Bei der „künstlichen Verjüngung über Aussaat“ werden Eicheln von gebietseigenen Mutterbäumen gesammelt und in ein vorbereitetes Vegetationsumfeld gebracht. Dies sollte ebenfalls optimale Bedingungen an Lichtverhältnissen, Untergrund und Binnenklima mit Begleitgehölzen erfüllen, die über Maßnahmendurchführung (Roden, Ansaat) vorbereitet werden.

- Künstliche Verjüngung mit Sämlingen in kleine Waldbaumschulen

Für das Maßnahmenmodul „künstliche Verjüngung mit Sämlingen“ wurde bereits jetzt im Frühling 2024 Eichensämlinge aus gebietseigener Herkunft gewonnen und werden in Pflanzschalen bis zur Herbstpflanzung in der Schlosspark-Gärtnerei vorgehalten. Sämlinge der Begleitgehölze werden im Herbst ausgemacht und umgepflanzt (z.B. Linden, Hainbuche, Ulme).

- Pflanzung von Eichen in Trupps oder Nestern

Für das Maßnahmenmodul „Pflanzung von Eichen in Trupps oder Nestern“ muss das Pflanzumfeld von den Lichtverhältnissen und vom Untergrund vorbereitet werden, um optimale Verhältnisse zum Aufwuchs der Heister und Jungbäume zu schaffen. Auch hier sind Begleitgehölze im Umfeld der Eichenpflanzungen (Ammenbäume) vorgesehen.

Waldrand-Entwicklung

Im Rahmen der gartendenkmalpflegerischen Zielstellung wurden vier Typologien von Waldrändern in der Verschönerungsplanung von Peter Joseph Lenné 1842 aufgezeigt, die in ihren unterschiedlichen Charakteristiken erhalten und revitalisiert werden sollen. Dabei entspricht die Entwicklung von differenziert aufgebauten Waldrändern nicht nur den gartendenkmalpflegerischen Zielen, sondern zugleich auch naturschutzfachlichen Zielen und den Empfehlungen des Waldbaukonzeptes NRW zur Klimaanpassung von Wäldern. Nach ihren räumlichen Funktionen im historischen Gesamtkonzept lassen sich folgende Typologien von Waldrändern unterscheiden, die entwickelt werden sollen:

§  - Waldrand zu Hauptalleen

§  - Waldrand zu Nebenalleen

§  - Waldrand zu inneren Promenadenwegen

§  - Waldrand zu äußeren Promenadenwegen (Umfassungsgraben)

Die Planungen im aktuellen Förderprojekt werden sich auf die im malerischen Stil angelegten Waldränder im Anschluss an die inneren Promenadenwege und den äußeren Promenadenweg entlang des Umfassungsgrabens konzentrieren. Allgemeine Ziele sind der Erhalt und Entwicklung von reich strukturierten Waldinnen- und -außenrändern nach den gartendenkmalpflegerischen und naturschutzfachlichen Kriterien. Ausgehend von vorhandenen Ausbuchtungen und Bestandslücken (u.a. Kalamitätsflächen) werden abgestufte Waldränder entwickelt.  Starker Brombeeraufwuchs und unerwünschter Gehölzaufwuchs (Ahornsämlinge) sollen zurückgedrängt werden, vorhandene Einzelgehölze und Gehölzgruppen freigestellt werden und über Ergänzungspflanzung von niedrigeren Bäumen (II.-III. Ordnung) und Sträuchern sowie über Ansaat von Krautsäumen und Rasenflächen der Charakter einer Gehölzkulisse in Anlehnung an die Verschönerungsplanung von Lenné 1842 und der gartenkünstlerischen Ideen des 19. Jahrhunderts entwickelt werden. Die Auswahl der Gehölze und Krautpflanzen orientiert sich dabei vor allem auf den Waldentwicklungstypen WET 12, mit seiner Leitart Eiche (Stieleiche/Traubeneiche) und ihren Begleitgehölzen Linde, Ulme und Hainbuche, in staunassen Bereichen kombiniert mit Erlen. Die Rotbuche soll aufgrund ihrer vorhandenen Konkurrenzstärke nicht gefördert werden, d.h. soll sich am Standort nicht weiter ausbreiten.

§  Die Waldränder zu den Alleen werden dabei in der vorliegenden Planung nicht weiter vertieft, da dies eine Fortschreibung der gartendenkmalpflegerischen Zielstellung für das Alleensystem des Tiergartens erfordern würde, die Alleen (und Wege) jedoch nicht Bestandteil des Förderprojektes sind.

Eignung / Wertung / Probleme

Das Projekt beruht im Grunde auf einer geübten Aufgabenbearbeitung: (Grundlagen-)Ermittlung, Analyse, Bewertung und Handlung. Jedoch ist in diesem Projekt der zeitliche Rahmen aufgrund des kurzen Projektzeitraums, vor allem jedoch der Dringlichkeit der Aufgabe (JETZT wandelt sich das Klima), stark verkürzt.

Um die, gerade aufgrund des kurzen Vorlaufs zu erwartenden Fehlerquote in einem angemessenen Bereich zu halten, ist hier bei der Suche nach ersten konkreten Handlungsanweisungen und praktische Umsetzungen (neben grundlegenderen Erkenntnissen) der Fokus auf die interdisziplinäre Betrachtung und einer bestimmten (in diesem Fall auf unserer) Lokalität besonders bedeutsam.

Das angestrebte Ziel, sowohl den Standort als auch die Pflanzenverteilung und -auswahl im Sinne einer gegenüber klimatischen Veränderungen höheren Resilienz zu verbessern, ist dieses Projekt aufgrund seines Forschungscharakters hierbei ergebnisoffener als die meisten „klassischen“ Maßnahmen.

Diese Kombination aus einer wissenschaftlichen und einer ergebnisoffenen Betrachtungsweise bietet zudem eine Plattform zur Erprobung neuartiger Techniken und Methoden.

Trotz der Konzentration auf die lokalen Gegebenheiten soll durch eine umfassende Dokumentation und Vermittlung der Ergebnisse auch der Übertrag der Erkenntnisse auf andere Anlagen ermöglicht werden.

Erfolg

Die Methodik und die Ergebnisse der Grunddatenermittlung, sowohl der abiotischen wie biotischen Gutachten, der historischen Aufarbeitung als auch der Masterarbeit sind konsistent und ermöglichen die Planung und Umsetzung der nun ab Oktober 2024 folgenden Maßnahmen. Zudem sind sie für die Brühler Schlösser und Gärten nachhaltig praktisch nutzbar.

Im Zuge der Maßnahmenplanung wurden die erstrebten Handlungsanweisungen in Form von übergreifend anwendbaren Maßnahmenmodulen erstellt, in denen Klimaanpassung und gartendenkmalpflegerische Zielstellungen in synergetischer Weise übereinander gebracht wurden.

Monitoring und Dokumentation

Die Ausführung der Maßnahmen wird im Oktober 2024 erfolgen. Die Untersuchungen zur Evaluation sowie die Projektdokumentation werden in der Zeit der Fertigstellungspflege fallen. Das weitere Monitoring der Maßnahmen wird durch die AG Garten- und Parkanlagen der Schlösserverwaltung stattfinden. Ein genaues Konzept hierzu soll zum Projektende erfolgen.

Analyse

Folgende Analysen wurden im Rahmen des Projektes durchgeführt. Weiterführende Informationen unter „Weiterführende Links“:

  • Geologie und Böden

  • Hydrologie

  • Klimatologie

  • Floristisch- vegetationskundliche Kartierung

  • Der Schlosspark Brühl in Zeiten des Klimawandels - Analyse der Vegetation und Vitalität des Parkwaldes (Masterarbeit)

  • Artenschutzprüfung im dreistufigen Mechanismus

  • Bedeutung einer historischen Parkanlage als Lebensraum für Fledermäuse unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels (Masterarbeit)

  • Fortschreibung der gartendenkmalpflegerischen Zielstellung

Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen

Geologie

Der Schlosspark befindet sich geografisch in der Köln-Bonner Rheinebene, genauer auf der lößbedeckten Mittelterrasse des Rheins. Die Böden sind feinkörnig. Laut Bodenkarte 1: 50.000 haben sich dort Kolluvisol-Pseudogleye und Pseudogley-Kolluvisole entwickelt. Die Kolluvisole sind schutzwürdige, fruchtbare Böden. Außerdem sind viele Böden schutzwürdig, weil sie im 2-Meter-Raum viel Wasser speichern können und ihre Regulations- und Kühlungsfunktion hoch eingestuft wird. Viele Böden sind anthropogen umgelagert worden. Sie bestehen aber aus überwiegend natürlichem Hochflutmaterial mit eingemischten Ziegelbruchstücken. Drei der vier Probestellen werden von Braunerden oder Parabraunerden eingenommen; ein Standort ist von stauwassergeprägten Pseudogleyen geprägt. Die physikalischen und chemischen Bodeneigenschaften im Schlosspark Brühl sind zwar anthropogen beeinflusst, sie werden aber vorwiegend von den natürlichen Ausgangsgesteinen und standorttypischen Bodenentwicklungen bestimmt.

Alle Profile weisen eine extrem hohe bis hohe nutzbare Feldkapazität im effektiven Wurzelraum auf. Dies bedeutet, dass der Anteil des pflanzenverfügbaren Wassers im Boden in allen Profilen extrem hoch bis hoch ist. Das liegt zum einen an der schluffig-tonigen Bodenart, die viel Wasser speichern kann und zum anderen auch an dem sehr hohen Humusgehalt im Oberboden, der die Wasserspeicherkraft zusätzlich verbessert. Zudem ist die Bezugstiefe, die effektive Durchwurzelungstiefe im Laubwald sehr hoch.

Die gesättigte Wasserleitfähigkeit ist in den Bodenprofilen hoch bis extrem hoch. In allen Profilen kann Wasser also relativ schnell versickern, sodass kein Wasserstau entsteht. An einem Standort ist durch den stauenden Horizont ab 70 cm Bodentiefe eine Wasserversickerung eingeschränkt.

Die pH-Werte liegen gemäß der pH-Klassifizierung der AG Boden (2005) im „sehr stark sauren“ und „sehr schwach sauren“ Bereich. Die Oberböden weisen dabei die höchsten pH-Werte von 5 bis 6,2 auf. Diese Werte kennzeichnen ein günstiges Milieu in Waldböden. Im Unterboden nehmen die pH-Werte in allen Profilen ab.

Die Humusgehalte liegen in den Oberböden bei 4 bis 9 % und sind damit mittel bis stark humos unter Wald. Die Übergangshorizonte weisen auch noch Humusgehalte von 1 bis 4 % auf und sind somit schwach bis mittel humos.

Die Humusform der Auflage ist in den meisten Bodenprofilen typischer Mull oder Modermull.

Der Gesamtstickstoffgehalt liegt in den Oberböden bei 0,2 bis 0,4 %, was typisch für Waldböden ist.

Aus dem Humus- und Gesamt-Stickstoffgehalt lässt sich das C/N-Verhältnis berechnen, ein Maß für die biologische Aktivität des Bodens. C/N-Verhältnisse kleiner als etwa 20 : 1 bedeuten eine hohe biologische Aktivität, während bei einem Verhältnis von größer als 25 : 1 die Mikrobentätigkeit im Boden gehemmt ist. In den untersuchten Böden liegt das C/N-Verhältnis bei 23-28 und ist somit im mittleren Bereich der Mikrobentätigkeit.

Die verfügbaren Phosphorgehalte liegen in den Oberböden in den Gehaltsklassen A bis C. C ist die optimale Versorgungsstufe und liegt in Profil 3 und 3.2 vor. A und B sind sehr niedrige und niedrige Versorgungsstufen. Im Unterboden dominieren dann in allen Profilen die Gehaltsklassen A und B.

Die verfügbaren Kaliumgehalte der Oberböden sind in den Profilen 2, 3 und 3.2. optimal und in den anderen Profilen niedrig bis sehr niedrig. Im Unterboden schwanken sie zwischen den Versorgungsklassen A und B, also sehr niedrig und niedrig.

Anders sieht es bei den verfügbaren Magnesiumgehalten aus. Diese sind in den Oberböden aller Profile im sehr hohen Bereich (i.e. Versorgungsstufe E). In den Unterböden schwanken sie zwischen B und E, meist aber in den Gehaltsklassen D und E, also hoch und sehr hoch.

Damit sind die Oberböden im Schlosspark eher gering mit Phosphat versorgt (Ausnahme Profil 3 mit einer optimalen Versorgung). Die Kaliumverfügbarkeit ist in den Oberböden der Profile 2, 3, 3.2 optimal; in den anderen Profilen gering. Alle Oberböden sind mit Magnesium überversorgt. Die Unterböden hingegen sind schlecht mit Phosphat und Kalium und ebenfalls gut mit Magnesium versorgt.

Hydrologie

Gemäß Grundwassermessstellen liegt der höchste gemessene Grundwasserspiegel zwischen 44 und 45 mNHN, also rund 18 m unter der Geländeoberfläche am süd-westlichen Rand des Parks und weiter östlich an der Falkenluster Allee rund 17 m unter der Geländeoberfläche. Die Grundwasserdifferenz zwischen 1955 und 2021 beträgt – 1 m, d.h. der Grundwasserspiegel war 1955 1 m höher als heute. Das macht aber bei einer Tiefe von 17 bis 18 m für die Pflanzenwurzeln keinen Unterschied. Aus dieser Tiefe findet auch kein kapillarer Aufstieg aus dem Grundwasser mehr statt. Alle vier Probestandorte weisen eine extrem hohe bis hohe nutzbare Feldkapazität im effektiven Wurzelraum auf. Dies bedeutet, dass der Anteil des pflanzenverfügbaren Wassers im Boden in allen Profilen extrem hoch bis hoch ist. In allen Profilen kann Wasser relativ schnell versickern, sodass kein Wasserstau entsteht. Einzig im Pseudogley-Profil ist durch den stauenden Horizont ab 70 cm Bodentiefe eine Wasserversickerung eingeschränkt. Der überwiegende Teil des Schlossparkwaldes stockt auf Standorten mit günstigen pedohydrologischen Eigenschaften. Trotzdem kommt es in trockenen Perioden während der Vegetationszeit zu Defiziten an pflanzenverfügbarem Wasser, weil der Wald den im Boden gespeicherten Wasservorrat komplett verbraucht. Da kein Grundwasseranschluss besteht, der Wasser nachliefern könnte, ist der Schlosspark auf Sommerniederschläge angewiesen. Es empfiehlt sich eine Anpassung der Baumartenzusammensetzung an die hydrologischen Standortbedingungen.

Die Messungen der Bodenfeuchte, der Bodentemperatur und der Wasserspannung wurden monatlich von April 2023 bis September 2023 an den vier Profilstandorten im Schlosspark durchgeführt.

Dabei zeigte sich, dass insbesondere der Stauwasserboden von einem in trockenen Zeiten (i.e. Juni) eine sehr geringe Bodenfeuchte und hohe Wasserspannungen aufwies. Ein Braunerde-Standort konnte die Feuchtigkeit besser speichern. Insgesamt reagiert der Bodenwasserhaushalt verzögert auf die Niederschlagssumme.

Die Bodentemperatur entspricht weitgehend der Lufttemperatur an allen Standorten.

Klimatologie

Der Schlosspark Brühl liegt im Rhein-Erft-Kreis und damit in der Großlandschaft der Niederrheinischen Bucht. Die Niederrheinische Bucht gehört mit 10,9 °C Jahresdurchschnittstemperatur zu den wärmsten Gebieten in NRW. Im Gegensatz dazu steht eine mittlere jährliche Niederschlagssumme von 726 mm, welche unter dem NRW-Durchschnitt von 870 mm liegt. 

Das Waldbaukonzept NRW 2021 stellt drei Klimaszenarien dar: das sogenannte „Klimaschutz“-Szenario (RCP2.6;representative concentration pathway), das sogenannte „moderate“ (RCP4.5) und das sogenannte „weiter-wie- bisher“-Szenario (RCP8.5). Für die mittlere Temperatur projizieren alle Szenarien einen weiteren Anstieg um bis zu 4° C bis zum Jahr 2100 bei einem Szenario ohne verstärkte Maßnahmen zum Klimaschutz. Der Temperaturanstieg steigert sich hin zur fernen Zukunft (2071-2100) in den drei Szenarien, wobei das RCP8.5 in allen Jahreszeiten die stärkste Zunahme aufweist. Insgesamt treten durch den Klimawandel lediglich geringe Änderungen des Gesamtwasserhaushaltes und damit der Wuchsbedingungen für Baumarten auf. Die Sickerwasser-Standorte sind auf gefüllte Wasservorräte zu Beginn von Trockenperioden und möglichst hohe Bodenwasserspeicherkapazitäten angewiesen. Die Schwankungen in der Bodenfeuchte erfordern auf den Stauwasserstandorten Baumarten, die wechselfeuchte Bodenbedingungen vertragen. Diese Standorte haben zudem eine geringere nutzbare Feldkapazität (nFK). Für den Standort des Schlossparks Brühl wird eine klimatische Wasserbilanz der Vegetationsperiode (KWBv) von -77 mm angenommen (Geologischer Dienst NRW 2010). Die nutzbare Feldkapazität für das Gebiet des Schlossparks variiert in Abhängigkeit von den Bodentypen. Aus der KWBv und der nFK erfolgt auf Grundlage der Karte zur forstlichen Standorterkundung eine Einstufung des Gesamtwasserhaushalts. Diese wird zur Beurteilung der Standorteignung für Baumarten verwendet (Schulte-Kellinghaus et al., 2020). Die Entwicklung des Gesamtwasserhaushalts zeigt für RCP 4.5 keine Veränderung (im Hauptgebiet des Schlossparks) zu den aktuell vorherrschenden Feuchtestufen. Für RCP 8.5 nimmt der Anteil frischer Standorte zu und die sehr frischen Standorte nehmen ab. Die „mäßig wechselfeuchten“ Bereiche decken sich mit Braunerde- und Parabraunerde-Pseudogleye Standorten mit stärkerer Stauwasserprägung (Schulte-Kellinghaus et al., 2020; GD NRW 2010).

Pflanzensoziologie

Insgesamt handelt es sich bei Maßnahmengebieten um mesophile Laubmischwälder mit mittleren Ansprüchen an den Basen- und Nährstoffgehalt und die Bodenfeuchte. Es sind heterogene Waldbestände mit wechselnder Dominanz der Baumarten (Buche, Berg-Ahorn, Spitz-Ahorn, Esche, Eiche, Hainbuche, Vogel-Kirsche, Winter-Linde), teils mächtige alte Bäume, meist Buche und Stiel-Eiche. Im Frühjahr ist der Waldboden auf weiter Fläche von einem bunten Teppich aus Frühblühern, v.a. Hohlem Lerchensporn und Busch-Windröschen bedeckt. Häufig liegt der Gesamtdeckungsgrad der Geophyten bei > 80 %. Den Sommeraspekt der artenreichen Krautschicht prägt großflächig vor allem der Efeu begleitet von Hexenkraut, Gundermann, Goldnessel, Gemeinem Wurmfarn und Kleinblütigem Springkraut. Neben den eigentlichen Waldflächen finden sich stellenweise größere offene, baumfreie oder nur mit wenigen Bäumen bestandene Bereiche. Hier haben sich Brombeergestrüpp, Brennnesselbestände oder dichter Gehölzaufwuchs, meist aus Ahorn entwickelt. Die heutige potenzielle natürliche Vegetation ist für den Parkwald-Standort der Waldziest-Eichen-Hainbuchenwald (Stellario-Carpinetum stachyetosum). Dieser vermittelt floristisch zum Hexenkraut-Waldmeister-Buchenwald bzw. Hexenkraut-Waldgersten-Buchenwald. Eine pflanzensoziologische Einstufung der Parkwald-Bestände lässt sich allenfalls anhand der Unterschiede in der Zusammensetzung der Baumschicht vornehmen. Anhand des Aufnahmematerials lassen sich keine Trennarten-Gruppen herausarbeiten, die eine klare Benennung einer definierten Pflanzengesellschaft ermöglichen. Demnach stehen die Bestände mit höherem Anteil an Hainbuche dem Waldziest-Eichen-Hainbuchenwald (Stellario-Carpinetum stachyetosum) nahe, die an Buchen reiche Bestände dem Hexenkraut-Waldmeister-Buchenwald (Galio-Fagetum circaeetosum). Die restlichen Bestände sind als Laub-Mischwälder der Ordnung Fagetalia (Buchen- und Edellaub-Mischwälder) auf frisch-feuchten Standorten mit mittlerer Basen- und Nährstoffversorgung einzustufen. Alle Maßnahmen im Wald sollten unter Berücksichtigung der Frühblüher und des Erhalts der Altbäume und des Totholzes durchgeführt werden. Auf den Einsatz von schweren Maschinen ist zum Schutz der Waldböden und der Vegetation zu verzichten.

Baumschäden

Buche: Holzabbau im Bereich von Wurzel und Stammfuß: Viele Altbäume leiden an ausgedehnten, zum Teil Jahrzehnte alten Wurzelholzfäulen (meist verursacht durch Meripilus giganteus (Riesenporling), aber auch durch Kretschmaria deusta (Brandkrustenpilz) und Armillaria spec. (Hallimasch)) und weisen entsprechende Verankerungsschwächen auf. Buchenvitalitätsschwäche, Buchenkomplexkrankheit: Wird u. a. verursacht durch Oomyceten (Eipilze) der Gattung Phytophthora. Daneben können auch Ascomyceten (Schlauchpilze) z. B. Neonectria ditissima und Neonecctria coccinea beteiligt sein. Bruch belaubter Starkäste: In den letzten zehn Jahren sind in den Buchenalleen von Schloss Augustusburg vermehrt weit ausladende, belaubte Äste im unteren Kronenbereich aus-gebrochen. In allen Fällen fanden sich auf der Oberseite der Astanbindung Rindennekrosen, die auf eine Rindeninfektion mit dem Ascomycet Neonectria coccinea oder seine Nebenfruchtform zurückgehen.

Eiche: Eichenkomplexkrankheit: ähnlich der Komplexkrankheit der Buche, verursacht durch mehrere Faktoren. Erstes Symptom ist häufig Schleimfluss im Bereich von Rindennekrosen, erst langsame, später rasche Auflichtung der Krone. An rasch abbauenden Bäumen ist meist Käferbefall (Splintholzkäfer (mehrere Arten), sehr häufig Prachtkäfer und vereinzelt Bockkäfer) festzustellen. Alle alten und sehr alten (über 200 Jahre) Eichen weisen meist ausgedehnte Holzfäuleschäden an Wurzeln, Stamm und in der Krone auf.

Hainbuche: Auch die Hainbuchen zeigen in beiden Schlossparks ebenfalls deutlich verminderte Wuchskraft, Kleinblättrigkeit, Chlorose, vorzeitigen Blattfall, aufgelichtete, nicht selten auch fragmentarische Kronen. Schleimfluss und mehr oder weniger ausgedehnten Rindennekrosen sind zunehmend zu beobachten. In den vergangenen Trockenjahren sind vielfach Kronen oder ganze Bäume innerhalb weniger Wochen abgestorben.

Esche: Eschentriebsterben wird verursacht durch den Ascomyceten Hymenoscyphus fraxineus bzw. seine Nebenfruchtform Chalara fraxinea. H. fraxineus bildet auf den Blattspindeln des Falllaubes Fruchtkörper, deren Sporen im Frühjahr das neue Laub infizieren. Der Pilz wächst in die Triebe und infiziert die Rinde. Ist von den so verursachten Rindennekrosen der gesamte Umfang betroffen, sterben die über den Nekrosen liegenden Triebe und Äste ab. Hiervon können auch ganze Kronenpartien betroffen sein. Junge Eschen sterben häufig schnell ganz ab, während sich bei Altbäumen der Prozess über Jahre hinziehen kann.

Ahorn: Rußrindenkrankheit, verursacht durch den Ascomyceten Cryptostroma corticale. Betroffen war als Erster der Berg-Ahorn, inzwischen werden zunehmend auch andere Ahornarten befallen. Die Pilzerkrankung tritt insbesondere in Jahren mit Trockenstress auf. Erste Symptome sind nässende Stellen am Stamm und in der Krone im Bereich von Rindennekrosen. Später treten dann auch Welke- und Absterbeerscheinungen in der Krone auf. Der Befall führt meist zum Absterben des gesamten Baumes innerhalb von ein bis zwei Vegetationsperioden.

Rosskastanie: Pseudomonas, Rindeninfektion mit dem Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi. Dieser Erreger befällt weiß- und rotblühende Kastanien. Typische Symptome sind blutende Stellen im Bereich von Rinden- und Kambiumnekrosen am Stamm oder in der Krone, an denen im Frühjahr eine zunächst farblose bis gelbliche Flüssigkeit aus der Rinde tritt, die im Laufe des Jahres eintrocknet und sich dunkel verfärbt. Das im Bereich abgestorbener Rinde frei liegende Holz wird schnell von holzzersetzenden Pilzen als Sekundärerregerbefallen.

Linde: Mistelbefall, Befall mit der immergrünen Weißbeerigen Mistel (Viscum album) in allen Teilen der Krone. Die Mistel dringt mit horizontalen und senkrechten Senkern in Rinde und Holz ein und nimmt sich Wasser und darin gelöste Nährsalze (Halbschmarotzer). Es gibt aber auch Hinweise, dass Mistelbüsche auch vom Baum hergestellte Photosyntheseprodukte nutzen. Bei Trockenstress und starkem Mistelbefall werden die über den Befallsstellen liegenden Teile der Äste nicht mehr ausreichend mit Wasser versorgt und sterben ab. Daneben zeigen auch die Linden, vergleichbar zur Hainbuche, in den letzten rund 5 Jahren vermehrt Mikrophyllie, chlorotische Blattaufhellung und Totholzbildung, die von der Kronenperipherie ausgehend zum Kroneninneren hin fortschreitet.

Autoren

Ufuk May, Gärtnerischer Leiter, UNESCO Welterbestätte Schlösser Augustusburg & Falkenlust

Investitionskosten

730.000,-

Kooperationspartner:innen

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität-Bonn
Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES)

Fördermittelgeber

BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumplanung)

Projektlaufzeit

2022-2025

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Zuständige Schlösserverwaltung

Schlösserverwaltung der UNESCO Welterbestätte Schlösser Augustusburg & Falkenlust in Brühl

Kontakt

Ufuk May, ufuk.may@vsb.nrw.de