Handreichung zur Verwendung historischer Gehölzarten bezogen auf ihre Tauglichkeit im Klimawandel

Vergleich der Baumarten aus Friedrich Ludwig von Sckells „Beiträgen zur Bildenden Gartenkunst“ und der Klima-Arten-Matrix nach Roloff et al.

Ziel der Maßnahme

Erarbeiten einer Empfehlung für die Verwendung historischer Gehölzarten auf Basis der Klima-Arten-Matrix nach Roloff et al.

Einleitung

Bäume sind ein essentieller Bestandteil der historischen Parkanlagen in Bayern – ob einzeln als Solitär oder in großen geschlossenen Gehölzbeständen. Als Folge häufigerer Extremwetter, Hitze- und Dürreperioden und gradueller Klimaveränderungen werden diese Gehölzbestände teilweise stark in Mitleidenschaft gezogen. Die bereits von den Klimabedingungen geschwächten Bäume sind anfälliger für bestimmte Schädlinge und Krankheiten, die als indirekte Folge des Klimawandels gehäuft auftreten. Um die Gehölzbestände besser für die Klimaveränderungen zu wappnen, führt die Bayerische Schlösserverwaltung im Bereich der geschlossenen Gehölzbestände bereits gezielt Maßnahmen zur Naturverjüngung und zur Gewinnung von auf den Standort angepasstem, autochthonen Pflanzmaterials durch.

Neben Gefahren für die Bestände als Gesamtheit sind aber auch einzelne Gehölzarten und -sorten in besonderem Maße vom Klimawandel und dessen indirekten Auswirkungen betroffen. Hier könnte es hilfreich sein, die Auswahl der Gehölzgattungen und Arten zu erweitern, um den veränderten klimatischen Bedingungen zu begegnen.

In einigen Anlagen der Bayerische Schlösserverwaltung war im 19. Jahrhundert vermutlich ein größeres Spektrum an Gehölzartenin den Parkanlagen vorhanden. Einige dieser Baumindividuen sind durch ihren natürlichen Abgang spurlos verloren gegangen. Möglicherweise konnten sie sich bei ausbleibender Pflege auch nicht gegenüber den einheimischen Arten durchsetzen. Für den Park Feldafing ist bekannt, dass nicht-europäische Gehölze gezielt während der Zeit des Nationalsozialismus „herausgepflegt“ wurden, ggf. ist dies auch in den anderen bayerischen Gartenanlagen geschehen. Insgesamt war das ursprüngliche Artenspektrum der Gehölze zur Zeit Friedrich Ludwig von Sckells größer als heute.

Von dieser Grundüberlegung ausgehend wurde vom Baum-Management der Bayerischen Schlösserverwaltung eine Handreichung in Form einer Liste erstellt, die auf das mögliche historische Bauminventar zur Zeit Sckells eingeht und dieses mit der Klima-Arten-Matrix abgleicht. Der Fixpunkt der Arbeit Friedrich Ludwig von Sckells bietet sich an, da die Entwürfe Sckells für die großen Anlagen in München (Englischer Garten und Schlosspark Nymphenburg) Zielstellung der gartendenkmalpflegerischen Maßnahme sind. Zudem stellt Sckell in seiner Abhandlung „Beiträge zur Bildenden Gartenkunst“ von 1818 eine Liste von Baumarten bereit, deren Charakter und Verwendung er beschreibt. Dies bildet eine gute Ausgangslage für die Erarbeitung einer Handreichung.

Die Klima-Arten-Matrix wurde 2008 am Institut für Forstbotanik und Forstzoologie der Technischen Universität Dresden unter Leitung von Professor Andreas Roloff entwickelt. Sie bewertet auf Grundlage von vorhandenen, belastbaren Publikationen mehr als 200 Gehölzarten hinsichtlich ihrer Trockenstresstoleranz (inkl. Ansprüche an Bodenfeuchte) und der Winterhärte (inkl. Spätfrosttoleranz). 2021 wurde die Liste überarbeitet und umfasst nun 235 Bäume. Für den Vergleich im Zusammenhang mit historischen Parkanlagen eignet sich diese Liste besser als die Straßenbaumliste der GALK oder die Ergebnisse des Projektes „Stadtgrün 2021“. Schließlich werden darin bestimmte Bäume nicht aufgrund von Schnittverträglichkeit oder Streusalzempfindlichkeit „aussortiert“, sondern es sind rein die Trockentoleranz und die Frostempfindlichkeit ausschlaggebend.

Maßnahmenbeschreibung

Als Grundlage für die Erstellung einer Liste mit klimawandeltauglichen Gehölzen diente die KLAM-Liste. Anhand dieser wurden die von Sckell aufgezählten Bäume hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit bezüglich Trockenstresstoleranz und Winterhärte bewertet. Diese Liste kann nun den ersten Schritt im Abwägungsprozess der Artenwahl bei der Neupflanzung bilden. Nachdem die Klimawandeltauglichkeit durch diese Liste geprüft ist, müssen in den nächsten Schritten die Ästhetik und die gewünschte Wirkung in der konkreten Parksituation betrachtet werden. Falls diese vorhanden sind, wären im nächsten Schritt die historischen Pflanzlisten für die konkrete Anlage zu überprüfen, um die Pflanzung der Art nachzuweisen. Seit 2024 werden mit dem selben Vorgehen die Pflanzlisten des bayerischen Hofgärtners Carl von Effner unter Verwendung der KLAM-Liste bewertet.

Direkte Effekte

erleichterte Entscheidungsfindung bei Neupflanzungen, größere Artenauswahl bei der Entscheidung;

Indirekte Effekte

Auseinandersetzung mit den klimawandelrelevanten Eigenschaften der historisch verwendeten Gehölze

Eignung / Wertung / Probleme

Erfolgreiche Schaffung eines Bausteins bei der Entscheidungsfindung zur Neupflanzung von Gehölzen in historischen Parkanlagen. Die Verschneidung der Baumliste aus Sckells Beiträgen zur Bildenden Gartenkunst mit der Klima-Arten-Matrix ist ein wichtiger erster Schritt bei der Auswahl von Neupflanzungen. Neben den dort berücksichtigten Auswahlkriterien der Trockenheitstoleranz und der Winterhärte sind weitere Eigenschaften der Baumarten zu beachten, z. B. Empfindlichkeit gegenüber Luftschadstoffen und Pathogenen, Toleranz gegenüber alkalischen pH-Werten im Boden, Salztoleranz, Empfindlichkeit gegenüber Bodenverdichtung, Strahlungsresistenz, Allergiepotential. Diese Eigenschaften sind allerdings in alten, gewachsenen Böden der historischen Parkanlagen mit waldähnlichen Strukturen weniger relevant.

Teilweise war der Vergleich der Baumarten erschwert, da die historischen Pflanzenbezeichnungen nicht mit den aktuellen Bezeichnungen übereinstimmen.

Das Vorgehen ist einfach auf weitere Pflanzlisten bzw. andere Gartenkünstler übertragbar.

Erfolg

noch keine Beurteilung möglich, da die Handreichung noch keine Verwendung gefunden hat und Langzeiterfahrungen mit den Neupflanzungen noch nicht vorhanden sind;

Autoren

Vera Donata Wesinger, Lukas Winterer | Gärtenabteilung, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Projektlaufzeit

Erarbeitung der Handreichung: 2022

Download

Weiterführende Literatur

SCKELL, Friedrich Ludwig von (1818): Beiträge zur bildenden Gartenkunst fuer angehende Gartenkuenstler und Gartenliebhaber. Von F. L. v. Sckell, Königlich Bairischem Hofgarten=Intendanten und des Civil=Verdienst=Ordens der Baierischen Krone Ritter etc. Mit 8 Stein=Abdrücken. München, 1818. Bei Joseph Lindauer

ROLOFF, A.; PIETZARKA, U.; GILLNER, S. (2022): Baumartenverwendung im Klimawandel: KlimaArtenMatrix 20211 (KLAM 2.0) und Empfehlungen zu Baumgrößen, -pflanzungen und -umfeld. Jahrbuch der Baumpflege 2022: 204–223. Haymarket Media, Braunschweig

Zuständige Schlösserverwaltung

Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Kontakt

Vera Donata Wesinger

Gärtenabteilung, Bayerische Schlösserverwaltung

Schloss Nymphenburg, Eingang 42

80638 München

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