Versuchsflächen Klimabäume im Bergpark Bad Muskau

Feldversuch alternativer Baumarten

Ziel der Maßnahme

Findung von klimaresilienten Baumarten, die im Falle eines Totalausfalls der historischen Baumarten an deren Stelle treten können

Einleitung

Durch die Zunahme von Hitze- und Trockenheitsperioden sowie dem Erreichen des Lebensalters und der damit verbundenen Anfälligkeit für Befall von Schädlingen und Pilzen, sind erhöhte Ausfälle insbesondere der Rot-Buchen im waldartig geprägten Bergpark, der im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts angelegt wurde, zu verzeichnen. Das Projektgebiet des oberen Bergparks ist im Relief stark durch die eiszeitliche Endmoräne des Muskauer Faltenbogens geprägt. Gestalterisch wurden diese Parkbilder durch Fürst Hermann von Pückler Muskau (1785–1871) übersteigert; etwa durch den Großbaumbestand, der heute zu rund 90 % aus gepflanzten, ca. 200-jährigen Rotbuchen geprägt wird. Seit etwa 10 Jahren beginnen die Buchen immer stärker abzusterben. Waldschadensberichte der Region weisen für 98 % der Altbuchen (ab 60 cm Stammdurchmesser und etwa 90 Jahren) besonders schwere Schädigungen aus. Diese Zahlen lassen sich nach subjektiver Wahrnehmung auch für den Altbuchenbestand im oberen Bergpark bestätigen.

Da an einigen, nunmehr exponierten Stellen, keine Naturverjüngung der Rotbuche einsetzt, an anderen Stellen Ausfälle durch Trockenheit auch an jüngeren Rotbuchen (Alter ca. 20 Jahre) auftreten, sollen (zunächst für die Rot-Buche) Ersatzbaumarten gefunden werden, die im Szenario eines Worst-Cases auf extremen Standorten die Funktion der Bäume in der Parkgestalt aufrechterhalten sollen.

 

Maßnahmenbeschreibung

Im Parkbereich, in welchem die Absterbe-Erscheinungen an Altbuchen zuerst auftauchten und an Stellen, an denen wenig Naturverjüngung auftritt, wurden 27 Pflanzparzellen in Größen zwischen etwa 50 und 300 Quadratmetern eingerichtet.

Vorbereitend wurde sich mit forstlichen Pflanzmethoden auseinandergesetzt. In Annäherung an die im 19. Jahrhundert übliche Pflanzmethode für Clumps, und um von Beginn an eine Standortanpassung zu gewährleisten, wurde vorzugsweise die Pflanzung von ein- bis dreijährigen wurzelnackten Gehölzen vorgesehen. 

Zur Artenauswahl wurden empfehlende Beschreibungen zu klimaresilienten möglichen Forstbaumarten und vor allem auch die Klima-Arten-Matrix von Prof. Dr. Roloff herangezogen. Da der Versuch einer phänologischen Angleichung unternommen werden soll, kamen bei der Auswahl nur Laubgehölze in Betracht. Schließlich setzte die aktuelle Verfügbarkeit der Pflanzen der Auswahl ihre Grenzen. 

Im Rahmen der Erstellung von Pflanzplänen wurden die Parzellen in 1x1-Meter Raster unterteilt, um später auch eine Grundlage für Pflegepläne, Erfolgskontrollen und ein Monitoring zu haben. 

Kernarten der Versuchspflanzungen sind Fagus orientalis und Ostrya carpinifolia (als buchenähnliche Arten) sowie zahlreiche Eichenarten wie Quercus alba, Q. macranthera, Q. macrocarpa, Q. velutina. Jede Pflanzung erhielt eine „Gürtel-Pflanzung“ von klimaangepassten, schneller wachsenden „Ammengehölzen“ bzw. auch Pioniergehölzen, die gleichzeitig als Wind- und Verbiss-Schutz dienen. Typische Arten dieser Kategorie sind Alnus incana, Betula pendula, Carpinus betulus und Sorbus aria.

Unmittelbar nach der Pflanzung im November 2021 wurden die rund 8.000 Jungbäume einmal gewässert, die Flächen mit Laubkompost gemulcht und ein Verbiss-Schutz aufgetragen. Umzäunungen gibt es hier nicht.

Die Beschaffung der Pflanzen setzte der Artenauswahl Grenzen, obwohl bei über 100 Baumschulen recherchiert wurde. Schließlich wurde die Art bestimmend für die Beschaffung, auch wenn dadurch die Größen und Pflanzqualitäten sehr unterschiedlich ausfielen: von 1-jährigen Sämlingen ab 10 cm Höhe, über getopfte Pflanzen mit variierendem Alter und Größe, bis hin zu selbst und in anderen Parkanlagen gewonnen Sämlingen bis 1 m Höhe. Geliefert wurden die Pflanzen von herkömmlichen regionalen sowie Baumschulen, die auf Produktion und Handel mit Klimawandelgehölzen spezialisiert sind und ihre Ware i. d. R. über das Internet vermarkten. Die Herkunft der Pflanzen bzw. des Saatgutes hielten die Lieferanten geheim.

Bei der Dokumentation soll parallel möglichst ein Vergleich zu daneben aufkommender Naturverjüngung gezogen werden. Langfristig wird Naturverjüngung der bereits vorhandenen Parkbäume bevorzugt; im Versuchsfeld sind das Rot-Buchen, Winter-Linden, Stiel-Eichen und Flatter-Ulmen (letztere samt sich auf den höheren Lagen des Parkes allerdings nicht von selbst aus). Damit könnten auch Effekte der Epigenetik zum Tragen kommen und die nächste Baumgeneration gestalterisch und genetisch dem Original am nächsten kommen.

Erst wenn die ursprünglichen Baumarten nicht mehr haltbar sind, soll auf Reservearten zurückgegriffen werden, die sich aus diesem Versuch ergeben.

Direkte Effekte

Bei geringem Ausfall der Neupflanzungen tritt eine schnelle dichte Begrünung der Fläche ein. In kleinem Maßstab wird das Ökosystem wieder stabilisiert.

Indirekte Effekte

Vorbehaltlich denkmalpflegerischer und naturschutzfachlicher Fragen bezüglich der Artenverschiebungen kann sich künftig ein breiteres Spektrum in der Pflanzenverwendung und dem Erscheinungsbild ergeben.

Eignung / Wertung / Probleme

Der Versuch steht erst am Anfang, daher gibt es noch keine längerfristigen Beobachtungen. Die Anwachsphase lässt trotz minimalistischer Pflege bei wenigen Ausfällen – die Anwachsquote lag im zweiten Standjahr bei über 80 % – auf eine gute Entwicklung hoffen.

Ein gewisser Aufwand zur Entwicklungspflege wird jedoch neben Schutzmaßnahmen, wie z.B. gegen Wildverbiss, erforderlich. Gegossen wurde im ersten – relativ trockenen und heißen – Sommer 2021 nur ein einziges Mal, mit dem Schlauch aus einem Gießwagen, etwa 5 Liter pro Pflanze. Stellenweise musste aufkommender starker Grasbewuchs zurückgedrängt werden.

Der wider Erwarten kräftige Wuchs wird wegen der starken Konkurrenz und der sehr unterschiedlichen Pflanzqualität bald gärtnerische Eingriffe erforderlich machen.

Umliegende noch vorhandene Altbäume wirken sich durch leichte Beschattung positiv aus, können jedoch durch Kronenausbrüche oder Umsturz eine Gefahr für die Jungpflanzungen darstellen.

Erfolg

Noch keine Bewertung möglich

Monitoring und Dokumentation

Erfolgen innerhalb der Parkverwaltung. Trieblängen- bzw. Höhenmessung von Referenzpflanzen und Entwicklungsbeschreibungen sind mindestens zweimal pro Jahr, jeweils im Frühjahr und Herbst vorgesehen.

Analyse

Parallel zur Planung und Pflanzung fand eine Erkundung und Kartierung der oberflächennahen geologischen und pedologischen Verhältnisse im oberen Bereich des Muskauer Bergparks im Rahmen einer Bachelorarbeit statt.

Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen zeigten den Verlust von Wasser durch ehemalige untertägige Bergbauschächte sowie durch die starke Versickerung in sandigen Bereichen, aber auch einen hohen Oberflächenabfluss in Bereichen mit verdichteten, oberflächennahen Lehmschichten.

Aus subjektiver Wahrnehmung sind die Ausfälle der Altbuchen auf den Standorten mit Lehmschichten am höchsten und die Naturverjüngung schwächer.

Umwelt- und Standortbedingungen / Rahmenbedingungen

Wetterdaten für Bad Muskau (Quelle: www.wetterkontor.de):

Jahresmitteltemperatur (1995–2022): 9,5 Grad Celsius
Höchste Jahresmitteltemperatur (2019 ): 10,9 Grad Celsius
Niedrigste Jahresmitteltemperatur (1996): 7,3  Grad Celsius
Absolutes Temperatur-Maxium (2022): 38,7 Grad Celsius

2022 lag die Jahresmitteltemperatur mit 10,4 Grad Celsius 0,9 Grad Celsius über dem langjährigen Monatsmittelwert.

Jahresniederschlag im Mittel (1995–2022): 629 mm

Höchster Jahresniederschlag (2002): 901,1 mm
Niedrigster Jahresniederschlag (2018): 428,2 mm

2022 lag die Jahresniederschlagsmenge mit 470,4 mm deutlich unter dem langjährigen Jahresmittelwert

Autoren

Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“; Cord Panning, Geschäftsführer und Parkdirektor; Holger Daetz, Betriebsleiter Park; Michelle Knopf, Volontärin / Sachbearbeiterin; Janis Vetter, Sachbearbeiter; Anja Gottschalk Sachbearbeiterin

Investitionskosten

bis Anfang 2023 rund 15.000 €

Laufende Betriebskosten

Personal- und Materialaufwand im laufenden Parkpflegebetrieb – für die Pflege und Dokumentation geschätzter Personaleinsatz bisher: ca. 800 Arbeitsstunden jährlich.

Kooperationspartner:innen

TU Freiberg

Projektlaufzeit

Seit April 2020

Download

Weiterführende Literatur

MAY, Th.: Erkundung und Kartierung der oberflächennahen geologischen und pedologischen Verhältnisse im oberen Bereich des Muskauer Bergparks. Freiberg 2021 (Bachelorarbeit an der TU Freiberg)

ROLOFF, A.; BONN, St. und GILLNER, St. (2008) Konsequenzen des Klimawandels - Vorstellung der Klima-Arten-Matrix (KLAM) zur Auswahl geeigneter Baumarten in Stadt und Grün , 57. Jahrgang, Heft 5 - 2008 S. 49 ff.

ROLOFF, A. (2021): Trockenstress bei Bäumen – Ursachen, Strategien, Praxis. Quelle & Meyer, Wiebelsheim. Darin KlimaArtenMatrix (KLAM) 2.0

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